Interview: Excelsis
By Roger W.
Auf Tour mit den Schweizer Schwert-Brüdern.



Dass die Schweiz ein reiches Land an Mythen und Legenden ist, wissen aufmerksame Metaller nicht erst seit dem Erfolg von Eluveitie. Nein, denn eigentlich waren es die Emmentaler Excelsis, welche bereits 1996 Schweizer Geschichte mit kreischenden Gitarren und Dudelsack vertont haben. Weltweite Tourneen blieben aber bisher aus. Mit dem neuen Album «Vo Chrieger U Drache» könnte sich dieser Umstand aber ändern, denn das Album bindet die Essenz dessen, was Excelsis bereits bisher zu einer einmaligen Band gemacht hat. Metal Factory traf sich mit Keyboarder Ädu und Gitarrist Rölu, um über das neue Album zu quatschen. Dabei kam natürlich auch die eigene Geschichte zur Sprache, aber lest selbst.

MF: Excelsis gibt es bereits seit 1996.

Rölu: Das ist so.

MF: Das ist eine lange Zeit. «Vo Chrieger U Drache» ist jetzt euer sechstes Album.

Rölu: Also eigentlich ist es das siebte. Es gibt auch noch eine CD mit dem Titel «E Chly Angeri Lieder». Das ist eine Akustik Scheibe, welche wir rasch aufgenommen haben. Für diese haben wir aber nie richtig Werbung gemacht, und diese steht meines Wissens auch nicht in den Läden. Aber das wäre so das sechste Album gewesen. Das war also wirklich Unplugged ohne Strom. Wir haben dafür einige unserer Songs genommen und diese ohne Strom gespielt, das war sehr cool.

MF: Euer Stil hat sich seit Beginn nur wenig verändert. Ihr verbindet immer noch dieses Blind Guardian-Artige mit englischen und berndeutschen-Texten, zusammen mit Schweizer Geschichten.

Rölu: Ja, genau. Das machen wir jetzt seit 1996, als wir «Anduin The River» raus gebracht haben. Schon damals hatten wir ganz wenig Berndeutsch drauf. Darauf waren auch bereits Dudelsack und Flöte zu hören, was damals praktisch noch niemand im Metal gemacht hat. «Anduin The River» handelt von der Schweiz, aber auch von den Highlands in Schottland. Und die nächste CD, welche wir 1998 raus gebracht hatten, war «Kurt Of Koppigen». Da haben wir ganz klar eine Geschichte von Koppigen vertont. Also von Kurt, diesem Ritter, der ebenfalls eine Geschichte von Gotthelf war. Wir haben das damals so vertont, weil wir fanden, dass es so coole Geschichten in unserer Umgebung gibt, dass wir nicht in die Highlands von Schottland gehen und über etwas singen müssen, zu welchem wir keinen Bezug haben. Wir bleiben wirklich bei uns und erzählen eine Geschichte, welche wir kennen.

MF: Das dürfte etwa in der Zeit gewesen sein, als die Deutschen Grave Digger ihren Klassiker «Tunes Of War» veröfentlicht haben, welcher die schottische Geschichte behandelt.

Rölu: Genau.

MF: Ihr habt da den Gegenpart gebracht?!

Rölu: Das war so. Wir haben eine Geschichte erzählt, welche wirklich gerade vor unserer Haustüre stattgefunden hat. Wir kommen ja aus Koppigen und Umgebung und wir können da die Schauplätze anschauen, und es macht für uns mehr Sinn über das zu singen, was wir kennen. Wir leben also hier, und man kann das auch vertonen. Das ist uns, glaube ich, auch gut gelungen.

Ädu: Die Themen sind ja eigentlich immer die gleichen. Es geht um Mut, um Kämpfe usw. Also um das, was man in grossen Sagen und Geschichten eigentlich braucht und auch hört. Und das haben wir vor der Haustüre.

MF: Was bei eurer Musik auch immer mitschwingt, ist dieses Mystische dieser Landschaft. Kommt das vor allem von euerm Sänger Münggu oder ist das generell?

Rölu: Ich denke, dass das allgemein ist. Wir leben gerne dort, wo wir zu Hause sind. Gerade das Emmental hat sehr viele schöne Plätze und Orte, welche auch sehr verwunschen sind, zum Teil auch sehr abgelegen und einen mystischen Charakter haben. Das spürt man dann auch in den Liedern. Und wir probieren das dann auch entsprechend rüber zu bringen.

MF: Das neue Album trägt den Titel «Vo Chrieger U Drache».

Ädu: Es ist eine Geschichte von Jeremias Gotthelf. Wir hatten früher bereits ein Album, welches auf einer seiner Geschichten basierte. Das erste war «Kurt Of Koppigen». Wir sind jetzt wieder darauf zurück gekommen. Das ist eine Geschichte welche eigentlich «Sintram und Bertram - oder wie die Stadt Burgdorf entstand» heisst.

MF: Den Dragonslayer hattet ihr bereits auf der «Kurt Of Koppigen». Das neue Album heisst «Vo Chrieger U Drache». Gibt es eine direkte Verbindung zwischen dem Song und dem neuen Album?

Rölu: «Dragonslayer» war der Song, mit welchem wir einen Wettbewerb im Rock Hard gewinnen konnten. Das war 1998. Mit diesem Lied durften wir dann auf der Iron Savior Scheibe «Unifaction» mit drauf. Wir konnten das Lied darum nochmals aufnehmen, und dadurch wurden wir auch sehr viel bekannter. Die deutsche Presse nennt uns seither "Swiss Dragonslayer".

Ädu: Diesen Namen sind wir eigentlich gar nie mehr los geworden. Mittlerweile sind wir Emmentaler Drachentöter und so soll die Musik auch klingen.

MF: Ist der Dragonslayer von Kurt Of Koppigen auf eine gewisse Art mit den Brüdern der neuen Geschichte verwandt?

Ädu: Die einzige Verbindung ist der Schriftsteller Gotthelf. Die Geschichte von «Sintram und Bertram» ist in sich geschlossen und behandelt, wie bereits angetönt, die Gründung von Burgdorf. Und was sicher auch speziell ist, ist, dass wieder ein Drache vorkommt. Von daher hat man den Bezug wieder. Diese Brüder müssen dann den Drachen erlegen, um das Land zu befreien und zum Dank bauen sie über dieser Drachenhöhle eine Kapelle auf. Und um diese Kapelle herum entsteht letztendlich die Stadt Burgdorf.

MF: Mir als Aargauer ist aufgefallen, dass die beiden Brüder Grafen von Lenzburg waren. Dort gibt es ein prächtiges Schloss, welches unter anderem mit dem Kindergarten-Drachen «Frauchi» Werbung für sich macht.

Rölu: (lacht)

MF: Ist das derselbe Drache?

Ädu: Ja, vielleicht haben sie noch ein Ei mit nach Hause genommen. Aber derjenige, welchen wir beschreiben, ist viel, viel grösser und viel gefährlicher gewesen und viel blutrünstiger.

MF: Aber für euch war das kein Grund von dieser Geschichte abzusehen, weil es ja bereits den "Frauchi" gibt?!

Ädu: Nein, weil wir den Bezug vor allem über Gotthelf und das Emmental gesucht haben.

MF: Bei «Vo Chrieger U Drache» handelt es sich um ein Konzept-Album. Das heisst, ihr verfolgt die beiden Brüder auf ihrem Weg?

Ädu: Genau, das Album zeigt die ganze Geschichte auf. Wir haben probiert, die wichtigsten Stationen in diese Lieder rein zu verpacken. Wir haben das Gefühl, dass uns das ziemlich gut gelungen ist, und die Hörer können sich davon überzeugen lassen.

MF: Geht es beim Lied «Dragonhole» genau um die besagte Drachenhöhle von Burgdorf?

Ädu: Genau, das ist das Drachenloch.

Rölu: Für dieses Lied konnten wir einen Gastmusiker gewinnen. Ein sehr, sehr spezieller, den man mittendrin hören wird. Es ist Marco Banderra. Er ist Vize-Weltmeister auf der Mundharmonika. Ihn haben wir über sieben Ecken kennen gelernt. Das war auch seine Freundin, die uns das gesagt hat. Wir waren zuerst ein wenig kritisch, weil wir zuerst dachten, dass Heavy Metal und Mundharmonika gar nicht zusammen passen. Aber er ist jetzt auf zwei Liedern drauf und es ist der Hammer, Hut ab. Also unbedingt rein hören!

MF: Das neue Album klingt irgendwie anders als seine Vorgänger. Woran liegt es?

Rölu: Wir haben auf dem neuen Album bewusst probiert, ein bisschen einfacher zu spielen, ein bisschen eingängiger. Ich denke, dass die letzten Alben auch sehr gut waren. Sie waren aber viel verspielter, mit deutlich mehr Melodien. Und dieses Mal haben wir versucht, rauer zu spielen.

Ädu: Ein bisschen geradliniger.

Rölu: Genau, und Münggu singt bedeutend öfters auf Berndeutsch. Praktisch jeder Refrain ist auf Berndeutsch. Seine Stimme, kombiniert mit der Mundart, gefällt uns sehr. Das klingt sehr rau.

MF: Kann man also sagen, dass ihr euch noch mehr auf das konzentriert habt, was euch speziell ausmacht?


Ädu: Genau. Es hat sich eigentlich so ergeben, weil wir von Anfang an diese Lieder mit berndeutschen Refrains hatten. Und erst später, als alle Lieder fertig komponiert waren, haben wir gemerkt, dass wir viel mehr Mundart haben, als das beim voran gegangenen Album gewesen ist. Aber es passte und gefiel uns so.

MF: Ihr seid bekannt fürs Talerschwingen und fürs Besenklopfen. Gibt es ausser der Mundharmonika weitere neue Instrumente, die ihr diesmal ausprobiert habt?

Rölu: Eigentlich nicht, wir haben das beibehalten..., das Talerschwingen, Besenklopfen, ein Dudelsack..., alles ist drauf. Eine Harmonika ist neu, von der ist ein wenig zu hören. Dann die Mundharmonika. Zudem konnten wir noch einen Redner für uns gewinnen, der das Intro und das Outro spricht sowie auch mitten im Dragonhole einen Teil übernimmt. Das ist der Sänger von Kel Amrun. Die Gruppe ist aus meiner Sicht weit und breit die beste Mittelalterband. Ich bin mit ihm zusammen in die Schule gegangen, also mit Lüku. Darum kennen wir ihn seit eh und je. Er war sofort dabei, als wir ihn angefragt haben, ob er uns nicht helfen möchte, das Intro und Outro zu vertonen.

MF: Ihr habt das Album von Christoph Brand abmischen lassen. Ihr sagt aber auch, dass dieser eine Art Co-Produzenten-Rolle übernommen hat. Heisst das, dass er die Lieder noch gestrafft oder gekürzt hat?

Ädu: Das eigentlich nicht. Aber er hat das, was wir abgeliefert haben, teilweise noch überarbeitet, da wir das relativ roh abgegeben haben. Und er hat da wirklich das Optimum raus geholt, von dem was wir abgegeben haben. Und er hat uns auch verstanden, wie wir möchten, dass das Album klingen sollte. Und das hat er sehr, sehr gut getroffen.

MF: Bei welchem Lied ist ihm das besonders gut gelungen?

Ädu: Für mich ist das bei «De Chrieger». Es ist ein langsames Stück, welches wir etwa ein Jahr, bevor jetzt die CD raus gekommen ist, mal aufgenommen hatten. Wir hatten davon eine Art Rohmix gemacht, und dann fanden wir, dass das gar nicht so extrem schlecht klingt. Darauf hörten wir seine Version und da lagen wirklich Welten dazwischen. Das Lied hat jetzt diesen Hühnerhautcharakter, welchen ich an unserer Musik cool finde.

MF: Mit Pertness scheint euch eine Art Freundschaft zu verbinden. Zumindest spielten diese an der letzten, aber auch an der aktuellen Plattentaufe.

Ädu: Korrekt! Da verbindet uns sicher eine spezielle Freundschaft, welche sich unter anderem darin äussert, dass wir immer wieder gemeinsam Konzerte spielen können. Wir haben in diesem Jahr auch mit ihnen und Gonoreas die so genannte "Sword-Brother-Tournee" absolviert. Unter deren Banner werden wir nun verschiedene Konzerte in der Schweiz spielen. Es sind noch nicht alle Daten draussen, aber die werden immer auf unseren Webseiten aufgeschaltet sein. Von dort her ist eine sehr intensive Zusammenarbeit. Mit Finsterforst haben wir mit dem neuen Album jedoch noch intensiveren Kontakt gehabt.

MF: Dann wünsche ich euch alles Gute für das neue Album und erfolgreiche Konzerte.

Ädu: Danke sehr.

Rölu: Und herzlichen Dank für das Interview.