Interview: Duff McKagan's Loaded
By Kissi
Wir schreiben das Jahr 1984: In der Musikszene von Seattle im Norden der Vereinigten Staaten herrscht vor allem etwas: die Drogen. Kein gutes Klima also für einen ehrgeizigen Musiker, der seine Leidenschaft zum Beruf machen will und so entscheidet sich der gerade mal 20-jährige Michael Andrew McKagan, besser bekannt unter seinem Spitznamen Duff, quer durchs Land ins sonnige Kalifornien zu fahren. Bald trifft er auf einen extrem talentierten Gitarristen mit krausem Haar, Sonnenbrille und Zylinder, der von allen nur „Slash“ genannt wird und so nimmt die Geschichte von Welterfolg, wilden Orgien und exzessivem Feiern unter dem Banner Guns'n'Roses ihren Lauf. 20 Jahre später kann Duff McKagan mit Velvet Revolver erneut Erfolge auf der ganzen Welt verbuchen. Nach Wettingen, wo Metal Factory den rund zwei Meter hohen Hühnen auf ein relaxtes Gespräch traf, führte ihn aber der Tourplan seines wiederbelebten Punk-Projekts Loaded, mit welchem er Mötley Crüe auf einigen ihrer Europa-Terminen als Support-Act unterstützte. Die genannten Bands sind dabei nur einige Themen unter vielen, über welche der Bassist Auskunft zu geben weiss. Dass Metal Factory es bei diesem Treffen auch nicht versäumte, über die aktuelle Finanzkrise zu debattieren, liegt auf der Hand, sass uns mit Mr. McKagan (DM) doch ein diplomierter Finanzexperte gegenüber, welcher an diesem Tag übrigens einen verloren gegangenen Koffer zu beklagen hatte.

MF: Zu allererst muss ich sagen, welche Ehre es für mich ist, mit dir zu sprechen. Ich bin mit deiner Musik aufgewachsen.


DM: Danke Mann, das ist echt nett von dir!

MF: Zu Beginn natürlich die Frage nach der Befindlichkeit: Wie geht es dir?

DM: Eigentlich ziemlich gut, bis auf den Umstand, dass mein Koffer verloren gegangen ist.

MF: Du hast deinen Koffer verloren?

DM: Nicht ICH hab ihn verloren, sondern irgendwelche Idioten beim Flughafen.

MF: Jetzt hast du dir neue Klamotten kaufen müssen?

DM: Nein, nein... Mötley Crüe haben mir ein paar Shirts geliehen. Und heute Nachmittag bin ich mit ein paar Leuten in die Stadt gefahren und hab mir das Nötigste gekauft. Eine neue Zahnbürste, Rasierklingen, Unterwäsche, Socken und solchen Kram... Die Kleider, die ich jetzt trage hatte ich gestern schon an... sorry dafür, hahaha...

MF: Wie läuft die Tour? Mit Loaded ist das ja quasi die erste ausgedehnte Tour überhaupt.

DM: Die Tour ist der Wahnsinn! Wir sind jetzt seit drei Wochen in Europa und davor waren wir sechs Wochen in den Staaten unterwegs. Ich mein, wir haben riesige Festivals wie das Download, Rock am Ring und Rock im Park spielen können. Es scheint... hast du und spielen sehen heute?

MF: Natürlich...

DM: Dann hast du es ja gesehen. Das Publikum scheint uns wirklich zu mögen und macht mit. Wir sind eine neue Band. Klar, ich bin schon seit einer Weile unterwegs als Musiker, aber glaub mir: das spielt keine Rolle. Wir sind eine neue Band und vielleicht ist es sogar so, dass man uns wegen meiner Vorgeschichte noch skeptischer betrachtet...

MF: ... weil du vorher in einer grossen Band gespielt hast und man dich daran misst.

DM: Ich war in mehreren grossen Bands und es könnte sein, dass man denkt: „Dude, du hast deinen Zenith überschritten“. Aber die Leute scheinen uns zu mögen und was mich verwundert sind die vielen jungen Leute, die zu unseren Konzerten kommen. Vor allem in England war das Publikum verdammt jung.

MF: Innerhalb von drei Wochen ist die Show in Wettingen die dritte Show in der Schweiz nach einer Clubshow in Luzern und einem Festival-Auftrtitt vor ZZ Top in Gran Montana.

DM: Luzern war super... aber wir waren doch noch ein weiteres Mal in der Schweiz in dieser Zeit, nicht? Ah nein, wir hatten einen Day-Off in Zürich, da haben wir gar nicht gespielt.

MF: Was habt ihr denn in Zürich gemacht?

DM: Die Stadt ist wirklich nett. Wir haben wie viele andere dort einen auf Touristen gemacht und uns alles angeschaut und ein wenig Geld ausgegeben... aber Zürich ist teuer, Mann...

MF: Wie du schon gesagt hast, hast du in grossen Bands wie Guns'n'Roses oder Velvet Revolver gespielt. Wie ist es, mit einer eher unbekannten und kleinen Band wie Loaded wieder als Support-Act aufzutreten?

DM: So wie auf dieser Tour mit Mötley Crüe ist es perfekt für uns. Wir sind die Band in der Mitte, die Mehrheit des Publikums ist schon da. Das funktioniert für uns. Natürlich könnten wir auf die Bühne gehen und abkacken, aber Loaded ist eine Band wie gemacht für die Bühne. Das trifft auch auf die Songs zu. Die Songs sollen live gehört werden. Also stell uns einfach vor einen Haufen Menschen und wir machen den Rest...

MF: Die Band, für welche ihr anheizt, Mötley Crüe, kennst du ja schon seit Jahrzehnten. Wie ist es mit ihnen auf Tour?

DM: Yeah, wir haben mit Guns'n'Roses schon vor 22 Jahren für sie eröffnet... Es ist cool mit ihnen. Es ist zwar nicht so, dass wir die ganze Zeit über Freunde waren, aber es ist auch nicht so, dass ich den einen oder anderen von ihnen nicht ab und zu gesehen hätte. Natürlich wissen wir uns viele Geschichten aus den alten Tagen zu erzählen...

MF: Loaded existiert eigentlich schon seit 1999, wenn ich richtig recherchiert habe...

DM: Yeah, da hast du recht! Aber wir waren noch nie so aktiv als Band wie jetzt. In den letzten Monaten haben wir etwa 60 Shows gespielt und in den 10 Jahren vorher vielleicht knapp eine Hand voll...

MF: Ich habe versucht euer Debüt «Dark Days» von 2002 aufzutreiben, aber die Scheibe ist verdammt schwer zu kriegen...

DM: Yeah, ich weiss auch nicht. Da haben mich schon ein paar Leute darauf angesprochen. Ich glaube, momentan kannst du es nur über I-Tunes kaufen.

MF: Warum haben sich Duff McKagan's Loaded gerade jetzt wieder zusammen getan?

DM: Wir haben schon lange vorgehabt, eine zweite Scheibe zu machen. Wir hätten aber nie gedacht, dass zwischen «Dark Days» und dem neuen Album «Sick» so viele Jahre vergehen würden. Die letzten Jahre war ich total ausgelastet mit Velvet Revolver und nun... shit happens! Jetzt hat es sich eben so ergeben. Wenn ich etwas gelernt habe in meinem Leben, dann ist es, dass man Musik nicht erzwingen kann. Ich denke, Musik ist etwas, dass einfach passiert. Man muss es geschehen lassen. Es gibt Leute, die sind verdammt talentiert und die können sich hinsetzen und Songs schreiben. Für die meisten von uns läuft es aber nicht so, uns geschieht es. Und mit «Sick» hat es nun wieder geklappt.

MF: Getauft habt ihr die Band zu Beginn nur «Loaded» oder? Warum firmiert ihr jetzt unter «Duff McKagan's Loaded»?

DM: Ich will ehrlich zu dir sein: Es ist eine reine Promo-Sache. Century Media hat vorgeschlagen, meinen Namen vorne dran zu hängen. Sie sagen, wir würden damit mehr Platten verkaufen. Ich weiss nicht, ob es funktioniert, aber es schadet sicherlich nicht und solange die anderen damit einverstanden sind hab ich nichts dagegen.

MF: Auf eurer Homepage beschreibt ihr die Idee hinter Loaded folgendermassen: «Punk Rock Einstellung mit einem Schuss Rock'n'Roll ein wenig links von der Mitte». Kannst du das ein wenig erklären?

DM: Punk Rock im eigentlichen Sinn gibt es nicht mehr. Der originale Punk Rock existierte von 1977-1981. Was aber geblieben ist, neben den musikalischen Einflüssen, ist die Art und Weise Musik zu machen und darüber zu denken, in einer Band zu spielen. Es geht um die Beziehung zwischen Band und Publikum. Es geht darum, dass die Band ein Teil des Publikums ist und nicht von ihr getrennt und keinen Deut besser. Ich fühl mich unwohl, wenn mich Leute als Rockstar bezeichnen. Es gibt solche Leute, die sich für besser als ihre Fans halten, aber solche Menschen sind mir heute zuwider. Wir sehen es als Gruppen-Aktivität, ohne die Fans gibt es keine Band. Darum geht es bei Loaded. Und musikalisch sind wir eben einfach eine schlichte Rock'n'Roll-Truppe. Wir spielen keinen Heavy Metal, keinen Emo, einfach guten alten Rock'n'Roll. Und so sind wir auch nicht Mainstream sondern etwas links daneben.

MF: Nur musikalisch links oder auch politisch?

DM: Beides. Ich meine, auf «Sick» hat es auch Songs mit politischem Inhalt.

MF: Würdest du Loaded als politische Band bezeichnen?

DM: Naja... wir sind alles kluge Menschen und interessieren uns für Kultur und die Gesellschaft. Wir ignorieren nicht, was um uns herum abgeht. Wir quatschen viel auf Tour über solche Themen und verarbeiten solche Dinge natürlich auch in unsren Texten. Wir wollen aber keine Ideologie verbreiten, wir sind keine Prediger. Ich denke aber, die meisten Leute, die Musik wie unsere hören sind liberale und tolerante Menschen und so sehe ich uns nicht als besonders politisch.

MF: Ebenfalls auf eurer Homepage findet ist ein Grund für die Gründung von Loaded angegeben: «Geboren aus der Frustration über die musikalische Landschaft des massenkompatiblen Rocks in diesen Tagen».

DM: Jajaja... Ich muss das unbedingt löschen. Das hab ich nie gesagt und ich werde immer wieder darüber ausgefragt. Der wahre Grund ist, dass ich zu dieser Zeit einfach die Musik machen wollte, auf welche ich Lust hatte und damals fand ich die Leute dazu. Das ist die ganze Geschichte.

MF: Unseren Lesern am besten bekannt bist du sicherlich als Bassist von Guns'n'Roses und Velvet Revolver. In Loaded aber spielst du Gitarre und bist gleichzeitig der Lead Sänger. Schon als Teenager hast du ja schon Gitarre gespielt. Was hat dich vor über 20 Jahren veranlasst zur Bassgitarre zu wechseln?

DM: 1984 zog ich ja weg von Seattle nach Los Angeles. Zu dieser Zeit spielte ich aber nicht Gitarre sondern Schlagzeug. Mein Drumkit aber war der reinste Schrott und um nach LA zu gelangen musste ich irgendwie Geld zusammenkriegen. Also verkaufte ich mein Schlagzeug, da ich das Teil ja eh nicht mitnehmen konnte. Damals war ich gerade mal 19. Seit ich 15 Jahre alt war tourte ich mit Punk-Bands. Die Idee dahinter war, in LA neue Leute kennen zu lernen. In Seattle regierte zu dieser Zeit Heroin und Kokain. Einer der ersten Menschen, die ich in Kalifornien dann wirklich kennenlernte war Slash, in der ersten Woche als ich da war. Und er war damals einfach schon ein umwerfender Gitarrist, virtuos, schnell... einfach verdammt gut! Ich meine, er sass den ganzen Tag zuhause im Keller und spielte akustische Gitarre. Ich spielte wie Johnny Thunders (u.a. Gitarrist der New York Dolls – Anm.d.Verf.). Also war zuerst die Idee, dass ich die Rhythmus-Gitarre übernehme. Dann traf ich aber auf Izzy Stradlin und er spielte auch wie Johnny Thunder, einfach tausendmal besser als ich. Natürlich wollte ich eigentlich Gitarre spielen, aber mir war auch gleich klar, dass es mit diesen beiden Jungs wirklich funktionieren könnte. Ich hatte früher schon in Bands den Bass bedient und Paul Simonon, der Bassist von The Clash, war sowieso eines meiner frühesten Vorbilder. Also sagte ich zu mir „Jetzt bin ich Bassist!“ und begann das Bassspielen ernst zu nehmen. Ich entwickelte schnell einen eigenen Stil. Ein wenig funkiger, ein wenig mehr Groove als das Punk-Zeug, welches ich vorher gespielt habe und das habe ich seit heute beibehalten.

MF: Welche Rolle spielst du lieber auf der Bühne, den Frontmann oder den Bassisten?

DM: Ich mag beides sehr. Den Frontmann zu spielen ist super. Ins Mikro zu schreien: „Put your fucking hands up in the air!“ - Ich liebe diesen Scheiss! Man kann mit dem Publikum interagieren und das macht Spass. Bassist sein ist aber auch super. Dann kann man den Wilden spielen, den Verrückten und Druck machen. Das fehlt mir manchmal bei Loaded. Wenn man die ganze Zeit singen muss kann man sich nicht so gehen lassen. Man hat die wichtige und auch coole Aufgabe, mit dem Publikum zu kommunizieren. Beim Bassspielen kannst du einfach Gas geben und durchdrehen. Woahh (macht eine böse Grimasse...)

MF: Wie erwähnt zeigst du bei Loaded auch deine Fähigkeiten als Sänger. Nun, da Scott Weiland nicht mehr bei Velvet Revolver ist, seid ihr ja auf der Suche nach einem neuen Fronter. Warum übernimmst nicht du einfach den Posten?

DM: Das haben mir schon einige Leute vorgeschlagen. Ich denke aber, das wäre falsch, denn Velvet Revolver braucht einen Fronter, der nur singt. Velvet Revolver ist wie auch Guns'n'Roses eine dieser Rock-Bands die einen echten Entertainer als Frontmann braucht. Und bei Velvet Revolver will ich eben am Bass stehen!

MF: Wie läuft es mit der Sänger-Suche?

DM: Naja, wir sind immer auf der Suche, aber wir wollen nichts erzwingen. Slash arbeitet gerade an seiner neuen Solo-Scheibe und ich habe mehr als genug Spass mit Loaded im Moment. Es wird weitergehen, aber wie schon vorher gesagt, Musik ist etwas, das passiert und im Augenblick eben bei Slash solo und bei mir mit Loaded.

MF: Neben Loaded und Velvet Revolver hast du im Mai zum ersten Mal deine eigene Radioshow beim Rock-Sender von Seattle, KISW moderiert.

DM: Yeah... ich hab jetzt mal eine gemacht und nächste Woche werde ich, soweit ich weiss, noch eine zweite Sendung machen.

MF: Also wird es kein regulärer Job werden wie etwa bei Alice Cooper oder Bruce Dickinson?

DM: Die Leute vom Sender hätten das gerne und ich wäre der Sache auch nicht abgeneigt, aber im Moment bin ich einfach zu viel auf Tour. Ich hatte verdammt viel Spass bei der ersten Sendung, bei welcher auch Sean Kinney (Gitarrist von Alice In Chains – Anm.d.Verf.) dabei war. Er soll übrigens ein fester Bestandteil der Sendung werden, wenn ich sie weiter machen sollte. Ich denke, dass Sean und ich irgendwann mal eine eigene Show haben werden, nur wir beide. Ich wäre dann nämlich eher für die ernsten Teile zuständig und Sean würde den witzigen Part übernehmen, denn er ist einfach ein irrer Spassvogel. Ich möchte aber das Konzept von «Radio Loaded» beibehalten. Es soll ein Studiogast geben, mit welchem wir zusammen einen Song jammen. Das war dieses Mal ja Michael McCready von Pearl Jam, mit welchem wir «Wild Horses» von den Stones gezockt haben. Das soll die Idee sein. Ein Gast, ein Song, über welchen wir zuerst sprechen und ihn dann gemeinsam spielen. Am besten sollte es ein alter Song sein, damit wir den Kids auch gleich noch etwas Rock-Bildung vermitteln können. Ich meine, «Wild Horses» ist nicht einfach nur ein cooler Song. Diese Nummer hat so viele Musiker beeinflusst.

MF: «Wild Horses» ist so etwas wie die Blaupause für alle Rockballaden.

DM: Genau das meine ich! Das auch die neue Generation sowas mitkriegt. Sowas würde mir wirklich Spass machen.

MF: Ein Thema völlig losgelöst von der Musik: Nach deinem Ausstieg bei G'n'R hast du Finanzwissenschaften studiert. Eine Frage an den Finanzexperten: Was denkst du über die Finanzkrise?

DM: Wie du vielleicht weisst schreibe ich eine Finanz-Kolumne für den Playboy. Natürlich beschäftige ich mich im Moment damit. In der Kolumne versuche ich, normalen Leuten in einfachen Worten zu erklären, was die Ursachen für diese Krise sind und wie man sie hätte verhindern können. Natürlich ist der Hauptgrund für den Schlamassel die Gier, in welche der ganze Sektor verfallen ist. Daneben ist die ganze Sache aber so verdammt kompliziert, dass 99.9%, von welchen viele auch dabei mitgemacht haben, keine Schimmer davon haben, wie das ganze Spiel eigentlich funktioniert. Es ist wirklich komplex und mit meiner Kolumne versuche ich, die Sache etwas zu veranschaulichen. Übrigens ist diese Nebenbeschäftigung in der Zwischenzeit zu einem ziemlich grossen Aufwand geworden, denn viele Leute schreiben mir deswegen und stellen mir Fragen.

MF: Nun sind wir gerade in der Schweiz, einer der berühmtesten Finanzplätze der Welt. Was hälst du von unserem etwas umstrittenen Steuersystem?

DM: Dazu kann ich eine Geschichte erzählen: Bevor ich meine Frau kennenlernte, in den frühen 90ern, arbeitete sie als Modell in Paris. Das Geld bekam sie damals meistens bar auf die Hand, wenn sie zum Beispiel eine grosse Kampagne für Estée Lauder machte oder so. Das war natürlich ziemlich viel Kohle und deswegen hatte sie ein Konto in der Schweiz. Die Steuern in Frankreich nämlich waren zu dieser Zeit so verdammt hoch, dass sie die Hälfte oder so hätte abgeben müssen. Die Schweiz war immer der Ort, wo Leute von überall auf der Welt ihr Geld lagerten, zumindest seit 100 Jahren oder so. Die Schweiz blieb als einziges Land in Europa während des 2. Weltkriegs unangriffen und neutral. Warum? Warum liessen die anderen Nationen zu, dass die Schweiz neutral blieb? Die Schweiz hatte das Geld von allen Parteien, die in den Krieg verwickelt waren. „You don't fuck with money!“ Ich mag die Schweiz wirklich, es ist alles geordnet, es funktioniert alles und die Leute sind freundlich und lassen dich in Ruhe. Aber wenn Leute von überall her ihr Geld ohne untersucht zu werden ihr Geld in der Schweiz aufbewahren lassen, dann hat es da natürlich auch den einen oder anderen Menschen dabei, welcher dieses Geld nicht rechtmässig erworben hat. Das ist das Problem an der Sache. Letztlich scheint mir das in der momentanen Situation aber nicht das Wichtigste zu sein.

MF: Ein Punkrocker mit einem Abschluss in Finanzwissenschaften. Wie passt das zusammen?

DM: Oh, das macht absolut Sinn! Wenn du gegen die Mächtigen ankämpfen willst, dann musst du wissen, worum es geht. Ich will zeigen, wie die Krawattenträger in den Teppichetagen uns abzuzocken versuchen. Das passt für mich perfekt zusammen.

MF: Duff McKagan, die Stimme der Vernunft in diesem Business.

DM: Ja genau, absolut!

MF: Was sind die Pläne von Duff McKagan und Duff McKagan's Loaded für die nähere Zukunft?

DM: In den nächsten Wochen werden wir noch einige Gigs spielen, dann wirds zurück nach Seattle gehen. Ich weiss, dass wir danach vorhaben, in Japan und Südamerika zu spielen und dann, im Oktober wohl zurückkommen um in Grossbritannien zu spielen. Das sind die Pläne, aber ich weiss nie wirklich, was in der Zukunft passieren wird. Das ist das Coole an meinem Leben und ich versuche nicht mehr, meine Zukunft zu planen, denn letztendlich liege ich immer falsch und es kommt ganz anders.

MF: Mit 19 bist du von Seattle nach Los Angeles gezogen. Seit einiger Zeit lebst du wieder in deiner Heimatstadt. Was ist das Besondere an Seattle?

DM: Seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich andauernd unterwegs. Seattle war und ist eine Konstante in meinem Leben voller Reisen. Es ist nicht einfach ein Ort für mich, sondern ein Seelenzustand. Es gibt keine Hektik dort, alles ist locker. Seattle ist eine sehr kulturelle Stadt, vielleicht die Stadt in den USA, in welcher am meisten Buchläden sind und am meisten gelesen wird. Dort kann ich ausruhen, Zeit mit meinen Frauen verbringen (Duff hat zwei Töchter – Anm.d.Verf.). Ich empfehle jedem, der mal in die USA fährt, nach Seattle zu gehen. Klar, New York, Los Angeles und San Francisco sind cool, aber Seattle besitzt einfach eine ganz andere Stimmung. Es ist eigentlich ziemlich europäisch.

MF: Wie kommt es, dass ein Typ aus dem Seattle der 80er in den 90ern in einer der grössten Sleaze-Bands überhaupt spielt? Ich meine, Seattle ist bekannt als Gründungsstätte der Grunge-Bewegung.

DM: Ich zog 1984 aus Seattle weg. Zwei Jahre, bevor die ganze Szene überhaupt entstand. Ich war etwas zu früh dafür. Klar waren damals schon die Jungs von Soundgarden und Pearl Jam am Spielen, aber in dem Umfeld, in welchem ich mich zu dieser Zeit bewegte waren einfach zu viele Drogen im Spiel. Meine Drogenzeit kam später. Damals war ich einfach ein Musiker mit Geldsorgen und ich sagte mir, dass ich, wenn ich es schaffen wollte, aus diesem Freundeskreis ausbrechen muss. Und so kam es dazu, dass ich anstatt bei der Erfindung des Grunge dabei zu sein, mit Slash guten alten Rock'n'Roll spielte.

MF: Die letzte Frage, die ich bei jedem Interview stelle, hast du eigentlich schon beantwortet, aber trotzdem: Wo wird Duff McKagan und oder Duff McKagan's Loaded in 10 Jahren stehen?

DM: Yeah... wie gesagt: ich kann es nicht sagen. Ich werde sicher immer noch Musik machen, aber auf welche Art und Weise und in welcher Band, das kann ich dir nicht sagen. Was ich aber ganz klar sagen kann: Ich werde meinen zwei Töchtern immer noch ein liebevoller Vater sein, obwohl sie sich dann wohl ab und zu dafür schämen werden, einen alternden Punkrocker als Vater zu haben, hahaha...

MF: Duff, ich bedanke mich für das relaxte Gespräch!