Interview: Dragonforce
By Roger W.
DragonForce sind ein Stern am Metal-Firmament, der je nach Land anders leuchtet. In England absolvierten sie bereits drei Headliner-Touren, während sie sich im Rest von Europa noch mit dem Vorgruppen-Status zufrieden geben müssen. Dabei überrascht, dass sie trotz ihrer Herkunft eher traditionellen Stahl schmieden. Diesen spielen sie aber derart schnell, dass sich auch Thrash- und Death Metal-Anhänger angezogen fühlen. Fürs Radio Kanal K sprach ich mit den beiden Gitarrenmeistern Herman Li (HL) und Sam Totman (ST) über die britische Szene, den Kontakt zu den Fans und über ihre Einflüsse, die so gar nicht aus dem Power Metal-Bereich kommen wollen.

MF: Gratulation zum neuen Album "Inhuman rampage". Ich finde es grossartig. Wie waren die bisherigen Reaktionen darauf?

ST: Sie waren ziemlich gut. Ich bin nicht sicher, ob sie überall gut waren. Aber speziell in England kamen wir sehr gut an. Wir waren dort sogar in den Charts. Ich bin mir aber nicht sicher auf welchem Platz…

HL: Sie verkaufte sich bis jetzt überall gut. Wir sind in einigen Länder in den Charts. In England sind wir in den Rock-Charts auf dem 2. Platz, hinter den Foo Fighters, und das für den ganzen letzten Monat. Es läuft also gut.

MF: Das ist ja grossartig!

HL: In Japan sind wir in den Pop-Charts auf dem 30. Platz, glaube ich.

MF: In den Pop-Charts?

HL: Ja, in den Charts für jede Art von Musik, und das ist gut.

ST: Ich glaube, dass wir den Pop-Charts von England auf dem 40. Platz waren. Das war in der Woche, als das Album neu raus gekommen ist. Das ist gut so, weil es zeigt, dass es einige Leute gibt, die auf extremen Power Metal stehen.

MF: Ich hörte, dass ihr in England Headliner, und Edguy eure Support-Band war. Stimmt das?

HL: Ja, das stimmt. Ich meine, wir touren schon seit langer Zeit immer wieder in England. Wir waren bisher schon auf drei Headliner-Tours in Grossbritannien. Letztes Mal waren Angra unsere Vorgruppe. Es läuft dort also sehr gut für uns.

MF: Ich sah euch letzten Sommer auf dem Wacken Open Air spielen. Wie war es für euch dort?

HL: Das Beste an diesem Festival war, dass wir sehr früh spielten (sie spielten zwischen 12.50 und 13.50 Uhr). Die Leute meinen normalerweise, dass es schlecht ist, schon so früh zu spielen. Ist es aber nicht. Okay, normalerweise gibt es nur wenige Leute, die Bands an Festivals sehen, die früh am Morgen spielen. Aber als wir dann spielten, war sehr viel Publikum vor der Bühne, und das am Morgen. Und als wir am Spielen waren, kamen immer mehr Leute, die uns sehen wollten. Wenn du aber am Nachmittag, so zum Beispiel um 15.00 Uhr spielst, hast du vielleicht mehr Publikum vor der Bühne, von dem aber ein Grossteil gar nicht an deiner Musik interessiert ist und vielleicht nur etwas am Essen sind. Es ist also ein grosser Irrtum, wenn die Musiker meinen, dass da viele waren, die sie sehen wollten, weil die nur am Essen waren und sich wahrscheinlich gar nicht für die Band interessierten.

ST: Es war irgendwie cool. Weil wir früh am Morgen spielten und trotzdem viele Leute vor der Bühne hatten. Das heisst, dass die da waren, um speziell uns zu sehen. Die Meisten sind wahrscheinlich direkt von ihren Zelten gekommen. Ich kenne das, weil ich selbst schon oft am Wacken Open Air war. Da schaute ich mir zum Teil auch die ersten Bands an, um meistens waren da nicht so viele Leute. Für uns war es also grossartig, und wir sind ziemlich sehr zufrieden.

MF: Du warst schon vorher als Privat-Person da?

ST: Ja, schon. Ich finde es ein tolles Festival. Ich war dort vielleicht schon vier, fünf Mal bevor wir dort gespielt haben. Es macht jedes mal viel spass.

MF: Ja, es macht macht Spass. Speziell mit den Leuten auf dem Campingplatz.

ST: Ja, wir betranken uns dort normalerweise (lacht) - Ich erinnere mich, dass ich in einem Jahr nicht mal ans Festival gegangen bin, sondern mich nur auf dem Campingplatz betrank. Ich habe da überhaupt keine Band gesehen. (lacht) - Aber mich störte das auch nicht. Ich hatte trotzdem viel Spass. Und war immer noch besser, als in England zu sein, zu Hause zu sitzen und nichts zu tun. Es war also toll.

MF: Habt ihr dort Edguy getroffen, die ja auch dort gespielt haben?

HL: Nein, weil wir sowieso an einem anderen Tag gespielt haben.

MF: Auf der Bühne seid ihr ziemlich aktiv. Ihr rennt, springt, headbangt, und post, was das Zeug hält. Und ihr spielt gleichzeitig diese unglaublich schnellen Songs. Wie schafft ihr das alles zusammen?

HL: Oh, es ist ziemlich einfach! Wir sind uns das nun seit Jahren gewohnt zu tun, und darum fällt es uns auch nicht so schwer. Es gibt ja Bands, die halb so schnell spielen wie wir, und die sind ziemlich glücklich damit. Wir sind glücklich, wenn wir rennen und springen können. (lacht) - Es ist also das Gleiche. Bands, wie Zum Beispiel Dream Theater spielen verschiedene, sehr schwierige Tappings, Geschwindikigkeiten und Stile, und wir tun es ähnlich, einfach schneller. Es ist nur unser Stil, wie wir es machen.

MF: Ist es nicht schwieriger schnell zu spielen als langsam?

HL: Ja, es ist vielleicht schwieriger für andere Bands, aber für uns ist es ziemlich einfach. Wir können das ohne Probleme spielen.

ST: Wir sind schon immer auf der Bühne gerannt und haben versucht, überall hin zu springen. Also seit wir mit der Band begonnen haben. Für uns ist es normal. Natürlich wäre es einfacher, wenn wir einfach nur da stehen und spielen würden, das ist für jede Band einfacher. Wir versuchen aber immer, unsere Freude an der Musik zu zeigen und dann rennen wir auf der Bühne umher. Viele Bands, die ich mir ansehe, stehen einfach nur rum und bieten mir den Eindruck, dass sie sich in einer Bandprobe befinden. Aber für uns wäre das sehr langweilig. Also wollen wir den Leuten eine spezielle Show bieten. Es geht da nicht nur um die Songs, es sollte da mehr sein. Nimm zum Beispiel Iron Maiden: Die sind mittlerweile alt, aber die rennen immer noch mehr auf der Bühne rum, als viele junge Bands. Ich denke, viele Gruppen sollten sich mehr bewegen.

MF: Ihr seid auf dieser Tour die Vorgruppe von Edguy. Was hält ihr von dieser deutschen Band?

HL: Oh, das ist eine coole Power Metal Band. Aber ich finde, dass sie heutzutage mehr nach einer Hardrock Band klingen. Obwohl, die Grenze zwischen Power Metal und Hardrock ist ja heute sehr fliessend und existiert fast nicht mehr. Vom Stil her sind wir zwei völlig verschiedene Bands. Aber ich schätze sie als eine sehr gute Band ein.

MF: Eure Musik erinnert mich an die "Walls of Jericho"-CD von Helloween. Wie gross ist der Einfluss von Helloween auf euch?

HL: Ich habe dieses Album noch nie gehört! Überhaupt hat das noch keiner der Band gehört!!

ST: Ich habe dieses Album auch noch nicht gehört. Wir sind mehr von Slayer inspiriert. Die Geschwindigkeit von unserer Musik kommt vom Thrash Metal. Und die Melodien kommen von allem Melodischem, wie zum Beispiel Hardrock. Wir mögen schöne Melodien und wir mögen schnelle Sachen. Wir sind von allem beeinflusst von Thrash Metal oder Death Metal, da kommt die Geschwindigkeit her. Dann haben wir Einflüsse vom Punk und vom Hardcore, also auch wieder auf die Geschwindigkeit bezogen. Und auch das Umherrennen hat seinen Ursprung von da. Aber wir werden von allen Stilen beeinflusst.

MF: Das überrascht mich jetzt, weil ihr schnelle Power Metal Songs habt. Aber eure Einflüsse sind Thrash sowie andere Metal-Stile und kein Power Metal?

HL: Wenn ich unser Album anhöre, vernehme ich keinen schnellen Power Metal. Power Metal machen für mich Lieder aus, die viel Melodie und so haben, aber Power und Energie. Und das ist genau dass, was vielen Death- und Melodic-Death-Metal-Fans daran fehlt. Weil die wollen auch die Energie. Und wir probieren, alles zusammen in einem Stil unter zu bringen.

MF: Grossbritannien ist nicht sehr bekannt für die Art von Musik, die ihr macht. Wie hart war es für euch, dort den Durchbruch zu schaffen?

HL: Also den Musikstil, den wir spielen, ist kein Power Metal mehr. Am ehesten erinnert vielleicht noch der Gesang daran. Aber du kannst auch sagen, dass der Gesang in Richtung Iron Maiden geht, was nicht Power Metal sondern mehr Hardrock ist. Es ist nur so, wie wir es halt spielen. Ich meine die Gitarren-Soli sind nicht Power Metal, die Rhythmus-Gitarre ebenfalls nicht. Das Schlagzeugspiel mit seinen Blast-Beats sowieso nicht. Sogar die Keyboards auf dem neuen Album sind sehr unterschiedlich wieauch der Stil. Ich denke dass, jetzt wo wir (zumindest in England - MF) den Durchbruch geschafft haben, wir keine Power Metal Band mehr sind. Wir sind eine Heavy Metal Band, die sehr viele Einflüsse hat. Gewisse kommen von Videospielen, andere vom Death Metal.

MF: Bedeutet das, dass Hardcore, Thrash- und Death Metal immer gross in Grossbritannien waren?

ST: Ja, das wird wahrscheinlich auch der Grund sein, warum wir dort so erfolgreich sind. Es gibt dort keine grosse Power Metal Szene, wie hier mit Bands wie Stratovarius, HammerFall oder Edguy. So was existiert in England nicht. Für englische Leute ist das, was wir tun also etwas komplett Neues (we bring you the holy light, der Verfasser J). Die denken auch nicht, dass wir eine Power Metal Band sind. Die sehen uns mehr als eine Metal-Band mit verschiedenen Einflüssen. Es mögen uns darum auch viele Leute, die ganz normalerweise ganz verschiedene Sachen hören. Die Death Metal Fans mögen es vor allem wegen seiner Geschwindigkeit. Wenn du jetzt aber all diese Power Metal Bands anhörst, wirst du keine finden, die so schnell wie wir spielt, und da gibt es auch keine Blast-Beats. Wir nennen uns auch nicht mehr Power Metal. Vielleicht war das erste Album noch Power Metal, aber es war schon schneller, aber unsere Musik hat sich jetzt sehr weit vom Power Metal entfernt.

HL: Viele unserer englischen Fans hören keine Edguy oder Stratovarius-Songs. Die können diese nicht ausstehen. Die mögen es überhaupt nicht. Aber die hören uns. Und so ist es halt in Grossbritannien.

MF: Ich sprach euch vorher schon auf eure Bühnen-Show an, wo ihr viel post. Wie wichtig ist es euch, auf der Bühne diesen Metal-Klischees zu entsprechen?

HL: Ich glaube überhaupt nicht, dass wir posen. Da ist kein Gepose. Das, was wir machen, ist die Art, wie wir live spielen. Wir stehen nicht da und tun so (macht eine HammerFall-Pose nach). Das ist Posen. Aber von uns macht das niemand. Wenn du aber die Gitarre wie "wuaaahhh" spielst, ist das kein Posen. Das ist nur die Art von natürlichen Reflexen, die ich mache, wenn ich live Gitarre spiele. Posen ist, wenn du die Bewegungen machst, die alle machen. Du weisst schon (macht es vor)…

MF: Ja, im Manowar-Stil (lacht)

HL: Ja, exakt. Wir posen nicht. Ich meine, wenn du dir Sam auf der Bühne ansiehst, ist er wie, wenn er weg von der Bühne ist.

ST: Ja…, ich schlendere herum, trinke Bier und bin betrunken. Das ist was ich mache, wenn ich nicht auf der Bühne bin. Das ist nicht Posen, sondern das, was ich sowieso tue.

MF: Auf eurer Homepage kann man sehr viele Sachen wie sämtliche Songtexte, viele Guitar-Tabs und Videos finden. Wie wichtig ist es euch, dass die Fans all diese Sachen downloaden können.

HL: Also die Guitar-Tabs schreiben wir nicht. Die Fans tun das. Die meisten dieser Sachen sind von den Fans gemacht. Die Videos stellten wir auf die Homepage, weil viele Fans weltweit keine Möglichkeit haben, uns zu sehen. So erhalten diese einen Eindruck von uns. Das ist auch der Grund, wieso es auf dem neuen Album eine Video-Session gibt. Wenn du die CD in den PC schiebst, kannst du Live- und Backstage-Sachen sehen.

MF: Für euch ist es also wichtig, all diese Dinge auf der Homepage zu haben?

HL: Ja, wieso nicht. Es ist ein neue Art, mit den Fans in Kontakt zu sein. Und da gibt es auch nichts zu verstecken. Es gibt sogar Videos darauf, wo man sieht, wie wir Fehler spielen und ich denke das ist cool.

MF: Ja, es ist cool, und ist lustig!

ST: Ja, weil es gibt so viele Leute in so vielen Ländern, wo wir noch nicht gespielt haben. Es ist cool für die, weil sie die Band nicht live sehen können. Wir versuchen denen soviel zu geben, wie wir können. Wir wollen nett zu unseren Fans sein.

MF: Habt ihr auch oft Kontakt mit den Fans nach euren Konzerten?

ST: Ja, wir versuchen immer die Fans zu treffen. Wenn wir auf Headliner-Tour sind und das Konzert ausverkauft ist, nehmen wir die auf unsere Gästeliste, die keinen Platz mehr haben. Wir geben denen Pässe, nehmen sie auf die Gästeliste und geben denen Bier. Wir mögen die Bands nicht, welche sich Bachstage verstecken und nie mit den Fans sprechen. Wir denken, das ist uncool. Ich meine, die Fans sind die, die dich dahin gebracht haben, wo du jetzt bist. Wir mögen die Fans. Wir wollen einfach was mit Denen trinken und eine gute Zeit verbringen. Wir wollen keine Rockstars sein, die nur im Hotel sitzen. Wir wollen mit den Fans trinken und party haben. Für uns sind die Fans mehr wie Freunde als nur Fans.

HL: Wir gehen auch nicht auf Tour, um backstage abzuhängen, das ist sicher!

MF: ... backstage sind die Räume normalerweise sehr klein und unfreundlich.

HL: ...ja, und es ist langweilig dort. Du kannst dort genau mit den Leuten plaudern, die du sowieso jeden Tag siehst.

MF: Was werdet ihr nach dieser Tour tun?

HL: Wir werden natürlich auf einigen Festivals spielen und eventuell auf eine weitere Tour gehen. Ja, wir werden weiter Live spielen. Momentan sind wir ziemlich beschäftigt. Das neue Album ist erst vor ein paar Wochen raus gekommen. Und wir haben erst kürzlich ein Video fürs Fernsehen aufgenommen. Aber ich weiss nicht, ob das je in der Schweiz ausgestrahlt wird.

MF: Dieses Interview ist für ein Radioprogramm. Gibt es einen besonders wichtigen Songs von euch, den ich unbedingt spielen soll?

HL: Einer unserer, oder einer von einer anderen Band?

MF: Zuerst einer von euch, dann von einer anderen Band.

HL: Ich denke, jeder Song vom neuen Album ist gut und könnte eine Single sein. Darum spielt es keine Rolle, welchen du spielst.

ST: Wir mögen alle, die drauf sind. Weil wenn wir ein Album aufnehmen, versichern wir uns, dass alle Songs gleich gut sind. Wir haben keine Lieder, die wir nur aufs Album packen, weil es dann eine längere Spielzeit hat. Wir haben also nicht nur drei gute Songs. Du kannst irgend Einen spielen, die sind alle gut. Wir versuchen die Musik zu machen, die wir selber lieben. Alle Songs sind gut. Ich denke, es wäre auch Fanverarschung, wenn du nur drei gute Songs aufs Album packen würdest und der Rest aus B-Seiten und gecoverten Lieder bestehen würde. Diese Art finden finde ich nicht cool.

MF: Ihr könnt auch einen Songs einer anderen Band wählen, die ihr mögt. Vielleicht von der letzten CD, die ihr gekauft habt?

HL: Ohh, Bullet For My Valentine.

MF: Ja, die habe ich.

HL: Spiele etwas von dieser, die ist cool!

TS: Willst du einen bestimmten Song davon? Wir mögen das ganze Album.

MF: Ja, ich bin offen für konkrete Vorschläge.

TS: Da war das eine… "4 Words (to choke upon)". Das ist ein guter Song, gute Band!

MF: Habt ihr die schon getroffen?

HL: Ja, wir trafen sie an den Metal Hammer Awards. Der eine Gewann da den Preis für den besten Nachwuchsgitarristen. Die waren da. Und das sind Fans von uns. Das ist ziemlich cool.

MF: Was sind eure letzten Worte an eure Schweizer Fans?

ST: Vielen Dank an den Einen, der heute extra wegen uns gekommen ist.

MF: Den Einen?

ST: (lacht) - Ja, den Einzigen. Okay, vielleicht sind es auch zwei. Aber sowieso…

MF: Das werden einige mehr sein.

ST: Wir sind glücklich, dass wir heute für Euch spielen dürfen und wir hoffen, dass wir zurück kommen werden, um mal ein ganzes Headliner-Set spielen zu können. Man sieht sich!

HL: Ich kann mich dem nur anschliessen.