Interview: Doro

By Tinu
 
Immer hinter seinen Ideen stehen.



Auch wenn es mittlerweile neue Bands mit einer Frontfrau gibt oder sogar reine Frauenbands, an der Metal-Queen Doro Pesch kommt niemand vorbei. Sie ist und bleibt die Lady, welche mit ihren Fans ein Metal-Fest feiern will, beim Komponieren von neuen Songs immer ihre Anhänger im Hinterkopf hat und sich nicht scheut, nicht einfach nach zu spielende Cover-Versionen aufzunehmen. Es ist nicht nur die Musik, welche der Düsseldorferin am Herzen liegt, sondern auch die Tiere. Ehrlich und treu war sie immer, «True As Steel», und ging auch den schwierigen Weg, das Thema Reinkarnation zu diskutieren.

MF: Wie kams zum Doppel-Album «Forever Warriors/Forever United», etwas, das in der heutigen Zeit doch ein bisschen ungewöhnlich ist?

Doro: Wir sind immer Non-Stopp auf Tour, seien es die eigenen Konzerte oder auf Festivals. Dabei begann ich zwischenzeitlich neue Songs zu schreiben und bemerkte irgendwann, dass schon viel mehr Lieder entstanden sind, so dass nicht alle auf der Platte Platz haben (grinst). Als vierzig Lieder fertig waren (lacht), rief ich meine Plattenfirma Nuclear Blast an und fragte, ob die Möglichkeit besteht ein Doppelalbum zu veröffentlichen. Zu Beginn waren sie nicht zu begeistern und bestanden darauf, eine normale CD zu releasen. Ein paar Monate später rief ich nochmals an und konnte die Mitarbeiter von meiner Idee überzeugen (grinst zufrieden). So hatte es noch Platz für die beiden Coverversionen von Motörhead «Lost In The Ozone» und Whitesnake «Don't Break My Heart Again». «Lift Me Up» sollte unbedingt auf die Scheibe (lacht) und «Caruso», der italienische Track, musste ja auch noch irgendwie Platz haben. Luca, unser italienischer Gitarrist, hat mich dabei unterstützt (grinst). Die erste Person, welche diesen Song hörte, war seine Mam, und die hat sofort begonnen zu weinen. So wurden es am Schluss 25 Stücke, die auf diesen beiden Scheiben veröffentlicht wurden (grinst zufrieden). Wenn man sich gut fühlt, die Kreativität fliesst, dann finde ich es wichtig, dass man diesen Flow nicht stoppt. Ich denke auch nicht, dass es besser gewesen wäre, zuerst eine Scheibe und ein Jahr später die zweite zu releasen. Das Material muss in der Zeit raus kommen, in der es entstanden ist. Das waren auch noch Überlegungen, die eine Doppel-CD verhindert hätten. Nach der «Triumph And Agony» ist «Forever Warriors Forever United» die erfolgreichste Platte von mir (grinst zufrieden und man hört den Stolz in der Stimme). Dies in der heutigen Zeit, wo die Verkäufe stetig rückläufig sind, ist schon ein grosser Erfolg.

MF: Wer hatte die Idee «Don't Break My Heart Again» zu covern?

Doro: Das war meine Idee, weil ich den Song liebe (grinst). In den achtziger Jahren habe ich ihn mir tausend Mal angehört. Whitesnake war die allererste Live-Band, die ich sah. Das war 1980, und sie haben mich weggeblasen. David Coverdale (Sänger von Whitesnake) war ein göttlicher Sänger und das Line-Up sensationell. Viele Leute kennen diesen Track überhaupt nicht. Ich habe ihn in verschiedenen Tonlagen gesungen und er hat sich immer gut angehört…

MF: …für mich ist es DER Whitesnake-Song überhaupt…

Doro: …schön, dann verstehst du auch, wieso ich ihn so liebe! Ich kann deine Aussage nur unterschreiben (lächelt). Damals habe ich diesen Song bei meinen Eltern zu Hause immer in voller Lautstärke gehört (lacht). Das ganze Haus hat gebebt (lautes Lachen). Weisst du, es sind aber auch andere Nummern, die mir vom neuen Alben sehr am Herzen liegen. Wie zum Beispiel «Soldier Of Metal». Aber auch «Freunde Fürs Leben». Ist jetzt nicht ein so tiefgehender Song wie «Für Immer», aber er hat so eine schöne, positive Leichtigkeit. So was Kumpelhaftes (grinst). Die Beiden stechen für mich so ein bisschen aus den Alben heraus (grinst) und ja, da klopft mein Herz schon ein bisschen schneller (grinst). Aber auch «Bastardos» geht natürlich super ab. So ein richtiger Old-School Speed Metal Track. Live kommt der sehr gut, auch wenn ich mit der CO2-Kanone bewaffnet auf der Bühne stehe (lacht). In Spanien stand das Publikum Kopf (lacht). Die haben alle bei «All For Metal» mitgesungen, das war total geil (lacht). «Blood Sweat And Rock'n'Roll» kommt auch immer gut an, wenn wir den live spielen. Es gibt eine lustige Geschichte dazu, wie es zum Titel kam. Nach einer Show sassen wir alle verschwitzt im Umkleideraum. Bas (Gitarrist) war total am Schwitzen, zog seine Jacke aus und wollte sie aufhängen. Dabei hat er seine Hand in einen Nagel rein gerammt und das Blut lief von seinem Finger runter. Er schaute uns an und meinte nur: "Oh shit! That's blood, sweat and Rock'n'Roll» (lacht). Mir ging sofort durch den Kopf, dass dies ein cooler Titel für eine neue Nummer ist (lacht). Ich würde wahnsinnig gerne den Bonustrack «Metal Is My Alcohol» live spielen. Aber es gab schon so sehr viele Lieder, welche meine Jungs üben mussten. In Spanien spielten wir zusätzlich das komplette «Triumph And Agony»-Album. Tommy Bolan hat uns dabei unterstützt. Es war nicht einfach, aus all diesen Tracks diejenigen auswählen, die wir spielen wollten (lacht). «Lift Me Up» probten wir, aber irgendwie hat er dabei noch nicht so geknallt, wie wir uns dies vorstellten. Da muss alles passen, auch meine Stimme und dabei muss ich schon aufpassen, wie ich mich durch all die Shows kämpfe (lacht). Bei den Spanien-Konzerten haben wir jeden Abend «Touch Of Evil» gespielt und der ist gesanglich nach wie vor eine Herausforderung (lacht). Man muss schauen, wie man überlebt (grinst).

MF: Schreibst du heute mit weniger Druck und ohne grosse Erwartungshaltung seitens der Plattenfirma?

Doro: Jaja ja, ganz bestimmt! Früher war ein Riesendruck vorhanden. Als wir begannen, hatten wir Freude am Spielen und Komponieren. Jeder Song war geil (lacht). Als wir den ersten Plattenvertrag hatten und «Burning The Witches» erschien, wurde plötzlich auf Verkäufe geachtet und die Lieder mussten radiotauglich gemacht werden (grinst). Ja, der Druck war früher enorm. Dadurch konnte man sich nicht so frei entfalten, wie man es sich vielleicht wünschte. Jedes Wort wurde auf die Goldwaage gelegt. Da waren Parts plötzlich zu heavy oder nicht weichspülermässig genug (grinst). Dieser Druck fiel weg, als ich bei SPV unterschrieb. Das war das erste Mal, dass ich bei einem Independent-Label unter Vertrag stand. Das hat sich super angefühlt, und die haben darauf geachtet, dass unsere Platten überall zu kaufen waren. In jedem Land konnte man meine Produkte kaufen, und dies war für mich enorm wichtig, da wir wirklich an allen Orten spielen. Bei den Major-Labels gab es eine Zeit, da wurden gewisse Länder gar nicht mehr mit unseren Produkten bemustert. SPV sicherte uns dies wieder zu. Von da gings zu AFM, und nun bin ich bei Nuclear Blast gelandet. Da hat sich noch nie jemand geäussert, dass ich Dinge anpassen oder ändern soll (lacht). Da spielen die Verkaufszahlen oder das Radiotaugliche keine Rolle, und sie lassen mich machen, wie es für mich stimmt und wie ich mich entfalten kann. Das Endresultat hat noch immer allen gefallen. Was will man mehr (lacht zufrieden). Es gibt höchstens Diskussionen, welches die erste Single ist und zu welchem Track man ein Video drehen will. Aber auch da ist man sich immer sehr schnell einig. Das ist einfach super. Man kann sein, wie man ist, muss sich nicht verbiegen oder verstellen. Das ist sehr natürlich, und so sollte es sein (grinst). Am Ende des Tages macht genau diese Einstellung Rock und Metal aus. Wird man musikalisch oder auch beim Texten beeinflusst, dann macht dies keinen Sinn. Das passierte früher leider sehr oft. Da war ein Part zu hart oder der Text zu anstössig (grinst). Dies gab dann immer unnötige und lange Diskussionen. Damals waren die Plattenlabels noch am längeren Hebel. Hätte man dies nicht so umgesetzt, hätte man den Deal verloren. Das fühlt sich heute um einiges besser und unverkrampfter an. Man kann heute viel lockerer über alles reden und auch mal nach einer Vinyl-Edition fragen, ohne gleich angemeckert zu werden (lacht). Ab und zu wurden früher die Booklets nur noch in schwarz/weiss gedruckt, um Geld zu sparen. Scheisse! Da geben sich Grafiker viel Mühe, investieren Zeit und das Label druckt nichts mehr farbig. So fielen viele tolle Fotosessions dem schwarz/weiss Pinsel zum Opfer. Da habe ich mich oft geärgert. Heute kann ich auch problemlos Lieder in anderen Sprachen aufnehmen. Das mache ich sehr gerne, und die Fans sind immer total happy (grinst).

MF: Wie wars damals, als du «Für Immer» mit der «Triumph And Agony» veröffentlicht hast. Musstest du da die Plattenfirma davon überzeugen? Es war immerhin der erste Song in deutscher Sprache, den du aufnahmst.

Doro: Ich war in New York und die «Triumph And Agony» war eigentlich schon fertig. Man hatte das Gefühl: "Wow! Die Platte wird richtig geil" (lacht zufrieden). Das merken wir noch heute, wenn wir das komplette Werk spielen und dabei auch Songs aufführen, die wir sonst nicht im Set haben. Zu der Zeit war es völlig normal, dass man acht oder neun Tracks auf einer Scheibe hatte. Mit Joey Balin sassen wir im Studio. Wir verstanden uns super, und als Produzent hat er einen wirklich tollen Job abgeliefert. Wir hatten eigentlich alles in trockenen Tüchern und waren völlig relaxt. Aus dem Nichts wollte ich noch den brutalsten und härtesten Song "ever" schreiben, und dabei kam «Für Immer» raus (lacht). Ich wollte diese typische deutsche Snare-Trommel haben. Das haben die Amis in New York nicht hinbekommen (grinst). Die haben dies immer zu legère gespielt. Sechs oder sieben Schlagzeuger später haben wir es dann doch hinbekommen (lacht). Vor diesem Album waren wir mit Judas Priest unterwegs und spielten in Spanien. Wir traten schon fast an allen Orten auf, aber die Spanier übertreffen alles, die Südländer (lacht). Aus diesem Grund wollte ich einen spanischen Satz in dieser schönen Ballade haben. Neben Deutsch und Englisch passte dies hervorragend. Niemand im Studio konnte spanisch. Einer hat kaum einen Satz gesprochen und immer die Marshall-Türme modernifiziert, so dass sie noch besser und lauter klangen (lacht). Da er eine dunklere Hautfarbe hatte, fragten wir ihn, ob er spanisch spricht. Da er weder Englisch noch Deutsch verstand, habe ich ihm mit Händen und Füssen erklärt, was ich wollte (lacht). Er hat mir einen Satz aufgeschrieben und das war: "Hay una promesa, en el sonido". Das war genau der richtige Satz (grinst). Es bedeutet: "Da ist ein Versprechen im Song", auch wenn die Rechtschreibung ein bisschen eigen ist (grinst). Eigentlich schreibt man es nicht so, wie es bei den Texten steht (grinst).

«Für Immer» strahlt eine unglaubliche Magie aus! Es brauchte aber schon Überzeugungskunst von meiner Seite, dass das Label «Für Immer» veröffentlichte und mit aufs Album nahm. Wir lieferten «Triumph And Agony» der Firma ab. Die waren total begeistert. Wir sprachen darüber, welches die erste Single und welches das Video werden sollte. Dabei wollten sie einen Song runter kicken, und das war «Für Immer». Ich wusste zuerst nicht, welchen sie meinten, da ich alle sehr stark fand. "Der deutsche Song, das geht nicht", war ihre Meinung. "Nein, das ist die Perle und die hat Magie", verteidigte ich ihn (lacht). Es gab ganz heftige Diskussionen. "Er muss auf jeden Fall aufs Album, ich glaube an ihn". Die Gespräche gingen hin und her, und wir einigten uns dann, dass er als letzter Track auf die Scheibe kam (grinst) und ihn ja keiner anhört. Wir gingen auf Tour, zusammen mit Ronnie James Dio, «Für Immer» wurde sofort zum Highlight bei den Konzerten und ist es bis heute geblieben (grinst zufrieden). Es gab auch ein Konzert, da waren wir Co-Headliner in der Westfalenhalle in Dortmund, zusammen mit Ozzy Osbourne. Damals waren alle Besucher noch mit Feuerzeugen bewaffnet (grinst). Als wir die Ballade spielten, sahen wir in ein Meer von Feuerzeugen, das war unglaublich! Alle sangen «Für Immer». Solche Gänsehautmomente hast du sehr, sehr selten (grinst). Hinterher kam die Plattenfirma und wollte den Track noch als Single veröffentlichen und dazu ein Video drehen (grinst). Da wusste ich, dass es sich lohnte für etwas zu streiten, wenn man davon überzeugt ist (lacht). Der Weg dahin war mit vielen und grossen Diskussionen gepflastert. Es flossen auch Tränen (grinst). Es war ein Kampf! Wenn man von Irgendwas dermassen überzeugt ist, dann musst du durchs Feuer gehen und Wände einreissen (grinst). Tief im Innern der Seele und des Herzens, wenn du dort dermassen berührt bist, ist es völlig egal, wer sich dir in den Weg stellt. Man muss dafür kämpfen! Am Ende hat man eh den längeren Atem. Dein Gegner wird nie so viel Power haben, um dagegen anzukämpfen (lacht).

MF: Wie bist du zum Tierschutz gekommen?

Doro: Vor zehn Jahren spielte ich das erste Konzert für den Tierschutz. Ich wurde angefragt, ob ich bei einer Kampagne mitmachen würde. Ich dachte, die sei gegen Pelze. Das wollte ich sehr gerne unterstützen. So fuhr ich nach Hamburg und wurde informiert, dass es nicht gegen Pelze, sondern gegen Leder sei. Ich sagte: "Hey Leute, ich trage die ganze Zeit nur Leder!". Sie haben mir dann gezeigt, wie schlimm dies in der ganzen Handhabung ist. Das war den Leuten damals gar nicht bewusst. Man hatte die Vermutung, dass sie die Tiere in zu kleinen Käfigen gehalten und gequält haben. So informierte ich mich, machte mich stark dafür und suchte nach Alternativen. Damit ich den Menschen einen Denkanstoss geben kann. Ich wechselte meine ganzen Bühnenklamotten durch andere Materialien aus. Damals war die Auswahl gering, heute sieht dies ganz anders aus (lächelt). Viele Kunstlederartikel sind wirklich toll. Man musste sich Materialien aussuchen, dass die Haut auf der Bühne atmen konnte. Zu Beginn bin ich auf der Bühne oft umgefallen und hatte keine Ahnung wieso. Einfach weil mir die Luft weg blieb. Ich bin schon oft an Benefizkonzerten aufgetreten, wie zum Beispiel beim «Rock für Tiere». Daraus ist die «Classic Diamonds» Geschichte entstanden (grinst). Je mehr man sieht informiert, wie die Tiere teils in Käfige gesperrt werden oder die ganzen Geschichten mit den Hunden aus Osteuropa, wie Rumäniene… Das geht schon ans Herz, und da möchte ich einfach versuchen, etwas für diese Lebewesen zu tun. Auch wenn es vielleicht nur im Kleinen ist, aber vielleicht kann ich damit etwas bewegen und somit die Leute ermutigen auch aktiv zu werden.

MF: Du hast auch schon über das Thema Reinkarnation gesprochen…

Doro: …ja (grinst). Man kann durchaus falsch verstanden werden, und ich kann nachvollziehen, wenn die Leute denken, dass man bei solchen Themen zu spinnen beginnt. Ich habs erlebt und lernte eine Koryphäe auf diesem Gebiet kennen. Das ist Ursula Demarmels, sie wohnt in Österreich. Es gab eine Serie im Fernsehen, und die habe ich wahnsinnig gerne geguckt. Es ging um Reinkarnation und dass Leute in ein vorheriges Leben versetzt wurden. Vor ein paar Jahren hat mich ein Fernsehsender angerufen und gefragt, ob ich mitmachen würde. Ich war sehr interessiert. Es war ein bisschen utopisch (grinst). Ich lernte dort die Ursula kennen und mochte sie von Beginn weg. Während ein paar Stunden sind wir in zwei vorherige Leben zurück gegangen. In einem war ich eine Frau in Ungarn, nichts Besonderes. Es war ein ganz hartes Leben als Magd. Das war auch nicht sooo spannend (grinst). Die von TV sagten: "Kann man nicht noch was anderes machen?" (lacht). Es ist, als ob man einen Traum erlebt und den erzählt. Man wird in Trance versetzt und kann sprechen. Es fühlt sich an, als würde man eine Treppe runter steigen. Es wird dunkler, und plötzlich sieht man ein Licht. Wer dies noch nie erlebt habt, für den ist dies sicherlich auch nicht so nachvollziehbar. So sah ich mich als Mann, mein Name war Torbin und ich hatte lange, braune, glatte Haare. Ich sah aus wie ein Metzgermeister (grinst) und war keine sehr nette Person. Ich soff, war hinter den Prostituierten her und verliebte mich unsterblich in eine. Das war 1648. Irgendwann wollten sie mich wieder zurück holen, aber ich wollte nicht zurück kommen, da ich gerade im Schoss einer Prostituierten lag (grinst). Ursula hatte da wirklich echt Schwierigkeiten, mich wieder in dieses Leben zurück zu holen (lacht). Das war ein schönes Gefühl, dass ich da erlebt hatte.

Als ich dann wieder im Hier und Jetzt war, meinten die von Fernsehen, dass das Ganze zu utopisch sei und dass man dies den Zuschauern nicht zumuten könne. Ein kleines Mädchen, das plötzlich ein Kerl ist… Das gehe nicht, und das könne sich keiner vorstellen. Zu Hause habe ich recherchiert, was damals alles in Ungarn passierte (lacht). Auch wenn das Fernsehen diese Aufnahmen nie ausstrahlte, war ich sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Ursula hat mich gefragt, was ich dabei gelernt habe. Es waren immer die gleichen zwei Dinge. A) Das Leben besitzt keinen Anfang und kein Ende und B) man muss alles gut machen im Leben. Ein Jahr später rief mich ein anderer Sender an. Die wollten anhand der vorhandenen Aufnahmen unbedingt mit mir zusammen arbeiten. So kam ich nochmals mit Ursula zusammen. Ich wollte nochmals in dieses Leben gehen. Dabei habe ich meinen Tod gesehen, und das war echt traumatisierend. Das hätte ich lieber nicht gesehen. Wir sind später an diesen Ort geflogen, und ich konnte mich wieder an viele Dinge erinnern. Auch wenn einige Jahre dazwischen lagen (grinst). Aus alten Büchern sah man auch, dass die Prostituierten direkt neben der Kirche standen. Ich war dort mit einer ganz hübschen, blonden Frau verheiratet, hatte zwei Kinder, aber die Frau war mir viel zu langweilig (grinst). Wahrscheinlich bin ich dann im Gefängnis gestorben, weil mir meine Familie nichts zu essen bringen konnte. Es war eine tolle Erfahrung, weil ich sehr viel über mich erfahren habe, auch wenn es sich utopisch anhört. Dabei habe ich auch meinen Vater gesehen, der leider nicht mehr lebt. Das hat mir sehr gut getan. Das gab mir die tiefe Gewissheit, dass doch nicht alles verloren ist. Das ist ein ganz tolles Gefühl!

MF: Herzlichen Dank für diese ehrlichen und offenen Worte.

Doro: Das ist nicht ausgedacht, glaub mir. Danke dir, ich freue mich, dich dann wieder in Zürich zu sehen, wenn wir am 12. November 2019 im Komplex 457 in Zürich spielen, und danke für die Zeit, die du dir genommen hast.