Interview: Michael Denner  (Ex-Mercyful Fate, Ex-King Diamond)

By Tinu
 
Keine Missgunst gegenüber King Diamond.


Michael Denner wurde bekannt als Gitarrist von Mercyful Fate und den ersten King Diamond-Alben. Der heute 61-Jährige ist ein Musikverrückter, wie er im Buche steht und wie er selber beim Interview auch mit Stolz zugibt. Sein neues Album Denner's Inferno geht leicht in eine rockigere Richtung als noch die Werke der letzten Bands Denner/Shermann, Force Of Evil oder Zoser Mez. Interessanterweise ist Michael kein Mitglied bei den Reunion-Shows von Mercyful Fate. Etwas, das nicht nur die Fans, sondern auch Michael selber erstaunte.

MF: Michael, ist Denner's Inferno eine richtige Band oder nur ein Projekt für dich?

Michael: Nein, nein, das ist eine richtige Band. In den letzten sechs Jahren habe ich zum Spass Musik gemacht, aber als die Plattenfirma auf uns zukam, bemerkte ich, wie wichtig mir diese Truppe ist. Es ist eine seriöse Angelegenheit, und wir haben schon Songs für das nächste Album geschrieben. Zuerst wollen wir aber in Europa auf Tour gehen. Die Tracks auf dem Album stammen einerseits aus meiner Vergangenheit und andererseits sind es völlig neue Ideen, die wir ausgearbeitet haben. Grundsätzlich bin ich ein fauler Songschreiber (lacht). Wenn ich den Spirit habe, dann kann ich ein bis zwei Lieder komponieren. Aber es kann auch passieren, dass ich monatelang nichts auf die Reihe bekomme (grinst). Ich war noch nie der Typ der zwanzig Tracks schrieb, wenn nur zehn benötigt wurden. Wenn die Eingebung und die Stimmung passen, dann kommt auch was Vernünftiges dabei raus. Ich konzentriere mich lieber auf diese Ideen, statt immer an neuen Sachen zu basteln. Flemming Tranberg (Bass) hat vieles beigetragen zu den neuen Songs. Wie auch Bjarne T. Holm (Schlagzeug). Er ist ein sehr guter Gitarrist und komponiert vieles, das man schon fast aufnehmen könnte. Aus kleinen Ideen haben wir dann unsere Songs für Denner's Inferno geschrieben.

MF: Wo siehst du die Unterschiede zwischen Mercyful Fate, Denner/Shermann und Denner’s Inferno?

Michael: Natürlich bei der Stimme von King Diamond und den satanischen Texten. Wir haben Jahre verbracht, um an den Liedern für Mercyful Fate zu arbeiten. Sie waren ein bisschen komplexer, da haben wir wirklich Stunden für die Arrangements aufgewendet. Die Denner Shermann-Sachen sind purer Metal. Hank hat die Grundideen geschrieben, und zusammen haben wir alles im Studio fertiggestellt. Dann schickten wir die Tracks zu Sean (Sänger von Denner/Shermann) in die USA, wo er seinen Gesang aufnahm. Rein von der Arbeitsweise her hat sich dies völlig von den Mercyful Fate-Geschichten unterschieden. Denner's Inferno, das ist eine fast lokale Truppe (grinst), mit Ausnahme des Sängers. Chandler Mogel lebt in New York. Bevor wir ihn fanden, hatten wir ein fixfertiges Album, ohne Gesang (grinst). So schickte ich alles an Chandler mit meinem Gesang. Er kopierte meine Melodien und machte einen viel besseren Job als ich (lacht). Vielleicht veröffentliche ich eines Tages diese Versionen mit meinem Gesang (lautes Lachen). Als "Special Edition" in ganz geringer Auflage. Das wäre sicher eine lustige Geschichte. Chandler absolvierte einen richtig geilen Job. Interessanterweise hat er die gleichen musikalischen Einflüsse wie ich. Seine Helden sind auch meine Helden, wie Deep Purple und Uriah Heep. Er hat eine sehr bluesige Stimme. Auch wenn er bedeutend jünger ist als ich, singt er, als ob er schon seit vierzig Jahren im Geschäft ist (lacht). Es war wirklich verdammt einfach, mit ihm zusammen zu arbeiten und ein grosses Vergnügen für mich!

MF: Wie schwer wird es für euch sein auf Tour gehen zu können, da so viele Bands "on the road" sind?

Michael: Da hast du recht, aber ich hoffe, dass unser Booker für 2020 eine Tour zusammenstellen kann. Wir sind imstande zu reisen, und ich hoffe, dass ich endlich in all den Ländern auftreten kann, in denen es mir bis jetzt verwehrt blieb. Österreich, Schweiz und Polen, da gibt es so viele Länder, wo ich noch nicht spielte. Wie auch Spanien oder Portugal. Es wird mir ein Vergnügen sein mit der Band aufzutreten und das Album zu promoten. Natürlich werden wir dabei auch ein paar Klassiker aus meiner Vergangenheit spielen. Und weisst du was, ich würde mich wie ein kleines Kind freuen, bei euch in der Schweiz spielen zu können. Ich war nur einmal bei euch auf der Durchreise. Aber was ich dabei sah..., "wow, that was really beautiful!" Ich liebe eure Natur, und ich will unbedingt bei euch spielen! Bestimmt wird die Schweiz bei mir im Tour-Rider auftauchen, weil dies sehr, sehr wichtig für mich ist.

MF: Was ist für dich die Motivation neue Musik zu komponieren, denn schlussendlich wirst du kaum mehr CDs oder Platten verkaufen können, um davon leben zu können?

Michael: Exakt! Es ist die Leidenschaft, um etwas zu kreieren. Wegen des Geldes..., das ist nicht der Hauptgrund. Ich muss es tun, es liegt mir im Blut (grinst). Es ist ein Teil von mir, kreativ zu sein. Ich habe in Kopenhagen einen Plattenladen (Beat-Bop), da verkaufe ich auch Second-Hand CDs und Vinyl. Wenn die Leute die Möglichkeit haben meinen Laden zu besuchen, tut es bitte. Kauft meine Alben und wir trinken einen Kaffee und machen Fotos zusammen. Ich unterschreibe euch auch die alten Mercyful Fate Scheiben (grinst). Das gibt mir die Möglichkeit, meine Songs den Leuten ein Stück näher zu bringen. Es ist teuer ein Studio zu mieten, wenn man kaum mehr Tonträger verkauft oder den Sänger von New York nach Dänemark einfliegen lassen muss. Aber am Ende des Tages bleibt es ein pures Vergnügen, eine neue CD zu veröffentlichen. Das ist und wird immer meine Leidenschaft bleiben. Seit den achtziger Jahren hat es so viele Bands mehr, das ist kaum mehr überschaubar. Der Wettbewerb ist sehr viel härter geworden. Früher hatten wir Hardrock oder Heavy Metal. Heute gibt es tausende von unterschiedlichen Stilen und Schubladen. Vergleicht man den Metal von heute mit früher, hat man unzählige Truppen mit growlenden Shoutern. Das ganze Black und Death Metal Zeugs. Völlig wildes und aggressives Material. Als wir mit Mercyful Fate unterwegs waren, galten wir als eine der härtesten Truppen. Heute gibt es unzählige Combos, die um einiges brutaler sind (lacht). Mein Sohn ist ein grosser Fan von Bands wie Cannibal Corpse. Ich habe immer versucht solche Musik zu verstehen (lacht). Beginnt der Sänger zu gurgeln, ist das für Leute meines Alters schwer nachvollziehbar (lacht). Versteh mich richtig. Die Musiker spielen exzellent, aber wenn der Sänger beginnt zu schreien..., oh mein Gott (lautes Lachen). Ich habe immer die melodischen Shouter geliebt. Das entsprach meinem Geschmack. Das entspricht aber auch meinem Alter (lacht).

MF: Welches war für dich die erfolgreichste Zeit mit der Musik?

Michael: Das war sicher, als wir die erste US-Tour mit Mercyful Fate spielten. Das war, als würde ein Traum wahr werden für junge Leute, welche die Möglichkeiten hatten, in den Staaten aufzutreten. Von einem sehr kleinen Land plötzlich auf diesem Kontinent zu sein..., unglaublich! In dieser riesengrossen Szene "on the road" zu gehen..., dazu noch Motörhead zu supporten. Dort, wo vieles der grossartigsten Musik entstanden ist. Das war schon ein verdammt tolles Gefühl! Oder als wir als Headliner am Dynamo-Festival vor 47'000 Leuten auftraten. Die grösste Menschenmenge habe ich aber in Wacken erlebt. Wie viele sind da? Knapp 100'000? Ich hatte da einen Gastauftritt mit Volbeat (lacht). Das war eine richtig tolle Erfahrung. Eine weitere tolle Erfahrung war, als ich mein erstes, eigenes Album in den Händen hielt (lacht). Das war 1980 mit der Band Brats. Zu sehen, wie sich meine Eltern freuten und Tränen in den Augen hatten, das war ein umwerfendes Erlebnis. Das waren die grössten Momente in meiner musikalischen Karriere.

MF: Welches waren dann die schwierigsten Momente?

Michael: Das erlebte ich vor zwei Wochen (lautes Lachen), nämlich zu erfahren, dass sich Mercyful Fate ohne mich reformierten. Keine Anfrage, kein Anruf, nichts! Das war ein Schlag ins Gesicht, zu realisieren, was da gerade passiert. Das war ein sehr trauriger Tag. Mein erstes Kind kam 1996 auf die Welt. Dies hat mich dazu gebracht, eine sehr, sehr schwierige Entscheidung zu treffen und Mercyful Fate zu verlassen. Das Geld, das ich mit der Band verdiente, reichte nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Ich wollte mich auf sie fokussieren und konzentrieren. Es hat mir das Herz gebrochen, weil wir mit der Truppe sehr viele schöne Dinge gemeinsam erlebten. Ich war wirklich glücklich mit den Jungs nach einem Break wieder zusammen arbeiten zu können (Mercyful Fate existierten zwischen 1985 und 1991 nicht). Es war eine sehr schwere Entscheidung, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich musste den Fokus auf meine Familie legen! Das waren die schlechten und traurigsten Erfahrungen in meiner Musikkarriere (lacht).

MF: Dann warst du verärgert, dass sich King Diamond nicht mit dir vereinte, sondern das Line-up der «9»-Scheibe für die Reunion zusammentrommelte?

Michael: Natürlich war ich sehr wütend. Ich kann verstehen, dass King mit der letzten Besetzung spielen möchte. Aber wenn sie nur von den ersten Alben Songs spielen wollen, denke ich, dass ich einen nicht unerheblichen Anteil daran hatte. Ich komme aber nicht in eine Truppe rein, die nicht mit mir auftreten will. Weshalb auch immer. Aber was soll ich sagen? Ich konzentriere mich auf meine neue Band! Bjarne, der bei mir Schlagzeug spielt, ist ein angemieteter Musiker bei der Reunion. Er war kein Teil der Diskussionen (lacht). Er ist noch immer ein guter Freund von mir, daran wird sich nichts ändern. Mit Hank und King..., da gibt es im Moment wirklich nichts mehr zu besprechen. Was sie taten entbehrt tausend Worte. Ich will in der Öffentlichkeit auch nichts Schlechtes über sie sagen. Weisst du, ich wünsche ihnen alles Gute für die Zukunft. Es tut mir leid für die Fans, welche sich das Original Line-up zurück gewünscht haben. Es wäre schön gewesen, hätten mich Hank und King angerufen sowie gefragt, ob ich mitspielen möchte, worauf ich sofort zugestimmt hätte! Weisst du, Mike Wead, der mich ersetzt, ist ein sehr guter Freund von mir. Es gibt nichts Schlechtes, was ich über ihn sagen könnte. Er ist ein brillanter Gitarrist und eine sehr nette Person. Es ist noch nicht lange her, da haben wir zusammen diniert. Mike ist ein wirklich guter Freund und wird einen sensationellen Job verrichten. Davon bin ich überzeugt und da habe ich überhaupt kein Problem damit. Joey Vera (ersetzt Timi Hansen, den Originalbassisten, der am 4. November leider am verstorben ist)..., seine Frau arbeitet im Metal Blade-Büro. Aus diesem Grund traf ich ihn ein paar Mal. Er ist ein netter Typ und wird einen superben Bass spielen. Hank und King..., ich will da nichts mehr sagen. Ich wünsche ihnen alles Gute (mit leicht trauriger Stimme). Ehmm..., ja, im Endeffekt machen sie ihr Ding und ich meins (lacht).

MF: Wie hast du dich über all die Jahre verändert?

Michael: Du wirst älter und trägst eine andere Verantwortung, wenn du eine Familie gründest. In den frühen Tagen, als ich noch jünger war, feierten wir viele Partys. Mit mehr Erfahrung habe ich eine klarere Vision, was ich will. Solange ich noch die Möglichkeit habe, Gitarre zu spielen. Man kann auch sagen, dass heute alles fokussierter ist als damals, als ich noch jünger war (grinst). All die Alben, die ich veröffentlichte..., davon habe ich nun die Möglichkeit, alles auf der kommenden Tour zu spielen und zu zeigen, welche musikalische Persönlichkeit ich zu der damaligen Zeit war und heute bin. Ich habe viele Erfahrungen gemacht und die Möglichkeit weiter zu machen, ohne grossartig zurück zu schauen. Ich schaue lieber nach vorne (grinst).

MF: Michael, ganz herzlichen Dank für das ehrlich Interview…

Michael: ...Martin, es war mir ein grosses Vergnügen...

MF: ...und ich hoffe, dich bald hier in der Schweiz auf der Bühne zu sehen!

Michael: Ich werde definitiv mein Möglichstes geben, um bei euch spielen zu können. Ich danke dir für die Zeit, und wir sehen uns! Pass auf dich auf!