Interview: Bonfire

By Tinu
 
Früher war nicht alles härter.



Hans Ziller hat die Bonfire-Lokomotive, musikalisch gesehen, in eine neue, bedeutend härtere Richtung manövriert. Weg von den hardrockenden Momenten hin zu den härteren, metalleren Parts. Zuerst versuchte sich die Truppe mit dem ehemaligen Accept-Schreihals David Reece, um dann mit Michael Bormann (ehemals Jaded Heart) die weiteren Schritte zu gehen. Dazu kam es aber nicht, denn Alexx Stahl (Master Of Disguise) wurde als kurzfristig gedachte Zwischenlösung bekanntlich zum definitiven Sänger bei Bonfire. Hat Hans ein Sänger-Problem? Wie sieht er die musikalische Neuausrichtung? Was hat es mit den kommenden Konzerten «Bonfire & Friends» auf sich? Und wie kam es zur Bonfire-Lokomotive? Mister Ziller stand Rede und Antwort.

MF: Wieder ein neuer Sänger, hast du ein Problem mit den Shoutern?

Hans: Ich habe überhaupt kein Problem mit Sängern, es hat einfach nicht gepasst. Mit David traten irgendwann Probleme an den Tag, und darum haben wir uns getrennt. Michael Bormann war eine Mittellösung, die aber von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Mit Alexx… Wenn's passt, dann passt es. Mittlerweile haben wir schon das zweite Album zusammen aufgenommen.

MF: Von David weiss man, dass er eine sehr direkte Art hat und damit immer wieder aneckt. Hast du dies im Vorfeld vielleicht ein bisschen ignoriert oder nicht wahr haben wollen?

Hans: Eigentlich nicht, denn wir haben schon zusammen bei EZ Livin gespielt. Dass er nicht einfach ist, war klar, das hat sich damals aber nicht so heraus kristallisiert. Vielleicht hat er auch sein Accept-Trauma nicht verkraftet (grinst) und dabei in Menschen Feinde gesehen, die ihm was Böses wollen, obschon dies nicht der Fall ist. Er wird irgendwann unausstehlich, und dann ist ein vernünftiges Zusammenarbeiten nicht mehr gegeben. Alexx habe ich traditionell auf Facebook gefunden (lacht). Ich habe meine ganzen Freunde nach möglichen Kandidaten als neuer Sänger angefragt. So habe ich Alexx gefunden, der sich später bei mir gemeldet hat. Zuerst sollte er nur eine Übergangslösung sein, bis Bormann bei uns einsteigen konnte. Wieso soll man ein Team wechseln, wenn es so gut funktioniert?

MF: Dass Alexx eher aus dem Metal- und weniger aus dem Rock-Bereich kam, war dies eher ein Hinderungsgrund, ihn gleich als neuen Sänger vorzustellen?

Hans: Nein. Da ich eher der Metal-Typ bei Bonfire bin, war er für mich die Ideallösung. Judas Priest waren immer meine Favoriten. So können wir heute machen, was früher nicht möglich war.

MF: Inwieweit darf bei Bonfire noch Bonfire draufstehen, wenn ihr jetzt doch merklich eine härtere Schiene fährt?

Hans: Ich sag's mal so. Es ist wie beim Fussball. Der Verein Bonfire ist eine Institution, bei der immer wieder Spieler ausgetauscht wurden. Es war nicht so, dass das Line-Up nur dann gewechselt hat, wenn ich dabei war. Das passierte auch damals, als ich nicht mehr bei Bonfire spielte. Deswegen ist Bonfire noch immer Bonfire. Der Stil des neuen Werkes, die musikalische Richtung, hätte auch 1989 erscheinen können. Das wäre überhaupt kein Stilbruch gewesen. Was will man machen, wenn man sich mit den Leuten nicht mehr versteht? Soll man aufhören? Ich bin der Meinung, dass man weitermachen soll. Da ich der Einzige aus dem frühen Line-Up bin, der Bock auf die Band hat, bin ich der, welcher die Bonfire-Fahne weiterhin hochhält.

MF: Hätte die Band früher schon härter geklungen, wenn du das alleinige Mitspracherecht bei der Songauswahl gehabt hättest?

Hans: Mit Sicherheit. Wenn du dir die alten Alben von Cacumen (Vorgängertruppe von Bonfire) anhörst, entsprach dies eher der Richtung, wie wir heute spielen. Claus (Lessmann, der ehemalige Sänger) schaffte die Höhen nicht. Er hat die Lieder tiefer gesungen, und dies hat nicht gepasst. Das klang alles nach angezogener Handbremse.

MF: Ist die neue Ausrichtung eine Gratwanderung, bei der sich vielleicht ältere Fans von euch abwenden könnten?

Hans: Überhaupt nicht. Der Erfolg gibt uns recht! Mit «Temple Of Lies» hatten wir den höchsten Charteinstieg seit «Fireworks». Auf Platz 29 in Deutschland. Mit den beiden letzten Alben waren wir in den Schweizer Charts, das zeigt und beweist, dass die Leute die Alben nach wie vor kaufen. Schon nach einer Woche waren wir mit der Erstpressung von «Temple Of Lies» ausverkauft (grinst zufrieden). Selbst die Plattenfirma hat nicht mit einem solchen Absatz gerechnet. Das ist schön und bestätigt uns in dem, was wir machen.

MF: «Bonfire And Friends», wer hatte die Idee dazu?

Hans: Natürlich ich (lacht). AFM, unser Label, wollte im Herbst nochmals eine Club-Tour anhängen. Da dachte ich mir, es wäre doch schön, die ganzen alten Weggefährten, mit denen wir Songs schrieben oder auf Tour waren, einzuladen und zusammen auf Konzertreise zu gehen. Bonfire werden als Backingband spielen. Die Nachfrage ist riesig. Wir werden in 2000er bis 5000er Hallen auftreten. Mit jedem der neun Künstler werden wir zusammen zwei bis drei der grössten Hits spielen. Logisch werden wir auch Bonfire-Songs vorführen. Es wird ein drei Stunden Programm sein. Das Bühnendesign geht zurück in die achtziger Jahre. Das Publikum soll sich wohlfühlen und auch sich im achtziger Flair widerfinden. Geplant war, mit Joe Lynn Turner «Sweet Obsession» zu spielen. Aber ob er überhaupt nach seinem Herzinfarkt auftreten kann, werden wir noch sehen. Zumindest sind alle organisatorischen Dinge geklärt und die Vorkassen sind bezahlt. Das muss man zuerst alles stemmen. Jetzt geht's ans Detail. Die Show wird nun durchgeplant, und es soll eine CD mit allen Tracks veröffentlicht werden, die an den Konzerten gespielt werden. Dieses Album wird vor den Shows veröffentlicht, und so weiss der Fan genau, was wir spielen werden. Das wird eine tolle Sache, und ich denke, das sind nicht die letzten Shows, die wir so aufführen. Wird es erfolgreich, wovon ich ausgehe, werden wir das jedes Jahr wiederholen.

MF: In der Schweiz gibt es keinen Auftritt?

Hans: Das war ursprünglich geplant, aber wir fanden keine geeignete Halle. Entweder waren sie zu gross oder zu teuer. So entschieden wir uns, das Ganze nur in Deutschland und einer Show in Tschechien abzuhalten. Wir würden liebend gerne bei euch spielen. 2019 werden wir mit Sicherheit die Schweiz nicht vergessen.

MF: Wie kam's zu der mit einem Bonfire-Logo bemalten Lokomotive?

Hans: Das war unser guter Freund und grosser Mentor Hubert Teichmann, dem eine Eisenbahnlinie gehört. Er ist seit Jahrzehnten glühender Bonfire-Fan. Sein Traum war schon immer, eine Bonfire-Lokomotive zu machen. Daraus wurde eine richtig tolle Liaison, so dass er auch bei «Bonfire And Friends» liiert sein wird. Aus einer Fanbeziehung entstand eine richtig gute Freundschaft.

MF: Gibt es einen Song von Bonfire, der dir speziell am Herzen liegt, weil da zwischen euch eine tiefe Beziehung liegt?

Hans: «Temple Of Lies» fällt mir spontan ein (lacht). In Endeffekt handelt der Track über unser Leben. Über die Verarschung, die wir mit den ganzen Businessleuten erleben, die Lügen verbreiten oder dich anlügen. Auch über Manager. Da steckt sehr viel Wahres drin.

MF: Was ist für dich das Wichtigste im Leben?

Hans: Gesundheit und Frieden.

MF: Hans, ich danke dir für das Gespräch.

Hans: Sehr gerne geschehen.