Interview: Bolt Thrower
By HaRdY
Eines späteren Abends kingelte Gitarrist Gavin auf die Minute pünktlich bei mir durch und tönte zwar gut aufgelegt, jedoch ähnlich zersägt wie ich. Die Tour-Vorbereitungen liefen gerade auf Hochtouren und auch der Promotion-Marathon zerrte langsam an seinen Nerven. Wir einigten uns darum auf das Öffnen eines Biers und dem Abhalten einer gemütlichen Konversation im guten, alten Pub-Style.

MF: Gerade bevor du angerufen hast, las ich euren aktuellen Studiobericht und musste aufgrund der Aussagen mehrere Male lachen. Es scheint mir, dass ihr nicht gerade wenig Spass während den Aufnahmen hattet und euch diese Prozedur nicht so sehr an die Nieren ging, wie gewissen anderen Bands.

Gavin: Es war pure Freude die Aufnahmen zu "Those once loyal" durchzuführen! Der gesamte Ablauf war sehr entspannt und wir hatten wirklich eine Menge Spass.

MF: Was mich persönlich sehr aufgestellt hat, ist die Rückkehr von Karl (Willets/Gesang), ohne den Bolt Thrower für mich einiges an Magie verlieren mussten, obwohl die restlichen Sänger alles Andere als schlecht waren.

G: Auch wir sind froh (lacht)!

MF: Ihr startet ja bald eure Europa-Tournee...

G: (wie aus der Kanone geschossen) Ja, im Januar! Wir warten sehnsüchtigst auf den Start und freuen uns extrem auf die anstehenden Gigs und wollen endlich wieder unser "richtiges" Leben auf Tour führen, haha!

MF: Auch ich bin aufgeregt, denn ich werde euch das erste Mal live erleben.

G: Ach ja?!

MF: Beschämenderweise..., denn obwohl ich euch seit dem '92er Album "The IVth Crusade" zu meinen Faves zähle, bekam ich es bis dato nicht auf die Reihe, auch nur eines eurer Konzerte zu besuchen...

G: Ich hoffe, du wirst nicht enttäuscht sein, haha!

MF: ...haha, ich hoffe nicht!

G: Man weiss ja nie...

MF: Ihr spielt ja gleich zwei Mal in der Schweiz, am 20. Januar in Wil und am 1. Februar in Pratteln.

G: Ja, wir haben ja bereits an beiden Plätzen seit Jahren schon mal gespielt und und freuen uns auf beide Konzerte. Das Z7 wird zwar voraussichtlich ein bisschen zu gross sein, aber wir lassen uns gerne positiv überraschen.

MF: Die Remise ist ja ein kleiner Club...

G: (begeistert) - Yeah, genau wie wir es mögen! Es herrscht jedes Mal eine tolle Atmosphäre dort und der ganze "Club-Style" liegt eh mehr auf unserer Wellenlänge.

MF: Ich habe mir mal auf eurer Homepage den aktuellen Studiobericht zur Brust genommen und es scheint, dass ihr alle grosse Formel 1-Fans seid.

G: Wieso?!

MF: Na ja, Auszeiten vom Studio wegen F1 Rennen da und dort...

G: Ach so! Das ist nur Kiddie (Martin Kearns/ Drums), der spinnt völlig auf das Zeugs!

MF: Der Rest der Band nicht?

G: (völlig genervt) Neinneinneiiiin, Auszeiten vom Studio wegen diesem +"*ç%&/!!

MF: Haha, kein Bock ein paar Fahrern beim Rundendrehen zuzuschauen?!

G: Haha, absolut nicht *tiiiefeinundausschnauf*!

MF: Ich will nicht die gleichen dämlichen Fragen wiederholen, die du wahrscheinlich schon x-mal beantworten durftest, darum können wir vielleicht im Interview-Schema etwas ändern?

G: Oh, ich begrüsse das sehr, ha ha!

MF: Hoffe ich doch!

G: Natürlich, tue ich wirklich, ha ha!!

MF: Gibt's ein spezielles Gebiet, das du gerne anschneiden möchtest?

G: Öh, nicht wirklich, ich bin hier um zu promoten, du kannst mit mir also über alles quatschen was du willst. Ich begrüsse es gerade einfach nur, dass wir die immer wiederkehrenden Pflichtfragen abhaken können, haha!

MF: Die kann man auch überall anderswo lesen...

G: Exakt, exakt, ihr wollt doch euren Lesern etwas Spezielles bieten, oder, haha?!

MF: Unbedingt!

G: Dann auf um zweiten Teil!

MF: Da ich ebenfalls in einer Band spiele, interessiert es mich immer, auf welchem Level sich die bekannteren Bands im harten Sektor befinden. Darum wollte ich mal wissen, ob ihr mittlerweile von eurer Musik leben könnt oder nach wie vor regulären Jobs nachgehen müsst, um über die Runden zu kommen.

G: Nein! Wir machen zum jetzigen Zeitpunkt ausschliesslich Musik und momentan befindet sich kein Bandmitglied in einer Angestellenposition. Wir haben vorgängig gespart, unsere Mieten bezahlt und leben jetzt für die Band. Haben aber auch schon auf Bänken geschlafen, waren aber jetzt ausschliesslich für's neue Album da und gehen danach auf Tour. Es wechselt immer ein bisschen und hängt davon ab, was gerade ansteht und wie die Pläne für die nähere Zukunft aussehen.

MF: Was ich ebenfalls immer an euch begrüsst habe, ist der Umstand, dass ihr trotz eures mittlerweile nicht gerade geringen Status' immer Fan(s) geblieben seid, trotz der mittlerweile 20-jährigen...?

G: ...ziemlich genau 20 Jahre!

MF: ...Karriere nicht in dieses "Rockstar"-Klichee abgerutscht seid. Ihr seid den kleinen Clubs treu geblieben, habt immer euer eigenes Ding durchgezogen und auch vieles selbst gemacht, ohne jemals eine grosse Maschinerie im Rücken gehabt zu haben.

G: Kann man so stehen lassen. Einerseits kommt dadurch zwar viel mehr Arbeit auf die einzelnen Bandmitglieder zu, andererseits ist das auch gut so, weil wir dadurch unabhängig bleiben. Will also heissen, wir können unsere eigenen Schritte machen, ohne dass Aussenstehende sich einmischen können oder wir Sachen machen müssen, die wir verflucht nochmal hassen.

MF: Das Booking für die anstehende Tour wurde auch von euch selbst übernommen?

G: Das erledigt ein Freund von uns, der sich auch sonst um viele Belange der Band kümmert.

MF: Also mehr auf einer freundschaftlichen Basis.

G: Ja absolut! Wenn er Geld bekäme, würde nichts Gescheites dabei heraus schauen. Er arbeitet um der Band Willen, ha ha!

MF: Geht das "Fan-sein" eurerseits so weit, dass ihr mittlerweile auf Tour zum Pennen auch bei Freunden unterkommen könnt?

G: Das dann auch wieder nicht. Wir haben einen Nightliner und einen weiteren für die Crew.

MF: Wer wird als Support mit euch mitreisen?

G: Puuh, ist momentan alles noch in Planung, aber ich hörte, es seien Cataract.

MF: Die Schweizer Cataract?

G: Ja, und eine weitere Band..., an deren Namen ich mich gerade nicht erinnern kann, aber wir arbeiten erst daran. (War schlussendlich aber eine Ente, denn Support sind Malevolent Creation, Nightrage und Necrophagist - MF)

MF: Cool, tighte Band, aber eher in der Harcore-Ecke zu Hause.

G: Ja schon, aber wir mögen die Mischung von verschiedenen Stilen, solange die Bands mit ihren jeweiligen Einstellungen zu uns passen.

MF: Das Beste aus jeder Stilecke.

G: Exakt!

MF: Wird ja eine heisse Show werden.

G: Wir wollen nichts anderes, ha ha!

MF: Als ihr mit Bolt Thrower gestartet seid, habt ihr euch bereits von Anfang an darauf ausgerichtet, professionell Musik zu machen oder war der spätere Verlauf doch nur Glück?

G: Am Anfang war es wie bei jeder jungen Band. Ein paar Freunde treffen sich, um Musik zu machen und gemeinsam abzuhängen. Wir hatten dann die Möglichkeit, bei einer John Peel-Session (legendärer Radio-DJ, R.I.P.) einige Eindrücke über Radio hinterlassen zu können und wurden deswegen bereits am nächsten Tag gesigned. Aber wir hatten vorgängig doch schon ein paar Gigs auf dem Buckel, so 50-60 pro Jahr, und ackerten fast ganz England ab.

MF: Ist England ein guter Platz für Death Metal?

G: ...nnnein..., in den alten Tagen war es natürlich toll, nahm aber zwischenzeitlich rapide ab. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass es wieder besser wird. Das war auch der Grund, warum wir uns für ein europäisches Label entschieden haben.

MF: Bei den deutschen Metal Blade...

G: Genau, da Earache sehr in England verwurzelt ist und nicht sehr grossflächige Werbung im europäischen Gesamtraum anbietet.

MF: Deutschland ist sowieso ein gutes Pflaster für Metal, sehr enthusiastisch.

G: Ja, vermutlich für jede Art von Band. Clubs, alles, der beste Platz überhaupt...

MF: Ihr seid ja nicht gerade die Schnellsten, wenn es um's Aufnehmen von neuem Material geht. Vier Jahre ist es her, seit "Honour-Valour-Pride" erschienen ist.

G: Und vier weitere Jahre vorher "Mercenary"..., wir haben den Luxus..., keine Deadlines zu haben, keinen Vertrag. Darum werden wir unser nächstes Album wahrscheinlich erst in 15 Jahren veröffentlichen!

MF: Ich hoffe nicht!

G: Wieso nicht?! Wir werden dann voraussichtlich noch immer am Leben sein und können tun, was WIR wollen, ha ha! Wir planen hauptsächlich mit einer Veröffentlichungs-Strategie alle zwei Jahre. Dazu addieren wir dann noch das Touren, plus ein bisschen Reserve. Wir werden niemals auf Biegen und Brechen jedes Jahr ein Album aufnehmen, weil ich bin mir sicher, es käme nur Scheisse dabei raus.

MF: Da stimme ich dir zu, Bolt Thrower-Songs brauchen Zeit um zu reifen. Wie oft übt ihr eigentlich zusammen?

G: Oh, wir üben eigentlich recht viel! Normalerweise so 2-3 Mal pro Woche und fünf Wochen bevor wir auf Tour gehen jeden Tag.

MF: Jeden Tag? Sieben Tage die Woche?!

G: Yeah, und dann noch mehr auf Tour. Wir wollen die Tour schon so gut vorbereitet, wie nur irgendwie möglich starten und brauchen darum bereits im Vorfeld ein blindes Gespür für einander, um unsere Shows von Beginn an auf dem höchstmöglichen Niveau präsentieren zu können. Wir verstehen uns als pure Tour-Band und wollen während dieser Zeit eigentlich nichts anderes tun, als spielen, darum planen wir auch keine Day-Offs ein.

MF: Keinen Einzigen?

G: Gut, auf dieser Tour haben wir sogar gleich zwei (bei 31 Shows am Stück/MF), aber normalerweise gibt's bei uns keine Auszeiten zu den Gigs.

MF: Nicht allzu viele...

G: Na gut, wir werden langsam auch älter...

MF: Ha ha, da fällt mir nochmal der aktuelle Studio-Report ein, von wegen "es ist nicht mehr so einfach, mit 30+ Musikern zu arbeiten".

G: Ha, 15 Shows am Stück sind langsam schon hart für uns, mit 30 hintereinander wären wir wahrscheinlich langsam am Anschlag. Nur schon die ganze Herumschlepperei von Instrumenten und Material jede Nacht geht an die Kräfte...

MF: Jaa, da kann ganz schön Gewicht zusammen kommen...

G: ...mehrere Bass-Amps, Gitarren-Amps, ein grosses Drum-Kit, die ganzen Boxen, das Merchandise..., wenigstens haben wir uns endlich dazu durchgerungen, die Boxen mit Rollen zu versehen, damit wir ein bisschen Entlastung haben.

MF: Ich hab' mir ein kleines Kunststoff-Rack zugelegt, das unten Rollen hat und auf der gegenüber liegenden Seite kannst du einen Handgriff ausfahren. Ist noch praktisch, sieht aber aufgrund einer leichten Beauty-Case Optik ein bisschen schwul aus...

G: Ha ha, unglücklicherweise! Ich werde Jo (Bench/Bass) mal davon berichten, ha ha!

MF: Ist ok, danke für das Gespräch.

G: War ein unterhaltsames Interview mit dir, ehrlich eine Freude.

MF: Na ja, ich danke dir.

G: Kein Problem! Und vor allem Danke für die relaxten Fragen, ich unterstütze das sehr!

MF: Kein Problem, dachte ich mir doch, ha ha.

G: Ok, ich hoffe, ich sehe dich in der Schweiz und wir trinken ein paar Bier miteinander!

MF: Freue mich darauf! Gruss an die Jungs und das Mädel, und viel Spass auf der Tour!

G: Vielen Dank, wir sehen uns HaRdY!