Interview: Axxis

By Tinu
 
Sex, Drugs & Altersweisheit.



Unverhofft kommt oft… Da laufe ich aus dem Fotograben beim diesjährigen «Bang Your Head»-Festival raus und wer zupft mich am Ärmel? Genau, Bernhard Weiss, Sänger der deutschen Rock/Metal-Truppe Axxis. Kurzes Begrüssen und direkt sich verabredet für ein Interview nach der W.A.S.P.-Show. Man kennt Berny. Er ist einer der angenehmsten Interviewpartner, denn sein Redeschwall beinhaltet viel Ehrlichkeit, Enthusiasmus und Herzblut. So auch bei diesem Gespräch, das völlig unvorbereitet, sich zu einem erneut Tränen reichen (vom Lachen) Gespräch entwickelte. Die Themen waren vielfältig, von den letzten beiden, genialen Alben «Kingdom Of The Night II», und dem Ausstieg von Marco Wriedt (Gitarre), über die bevorstehende Live-DVD/CD zum 25 jährigen Bühnenjubiläum von Axxis, bis zur Vergangenheit mit «Matters Of Survival» und dem Klischee «Sex, Drugs And Rock'n Roll». Und hey… Bernhard muss man erlebt haben, seine Art kann nicht widergegeben werden, auch nicht mit den Klammerbemerkungen, dazu ist seine Gestik und Mimik, welche den Aussagen noch mehr Kraft verleihen, zu umwerfend.

MF: Was ist seit den letzten beiden Alben (schwarz/weiss Edition von «Kingdom Of The Night II») alles bei Axxis passiert?

Bernhard: Da ist sehr viel passiert. Wir spielten eine Tournee, die erfolgreicher war, als wir uns dies erhofften. Fast 60 % der Konzerte waren ausverkauft. Damit rechneten wir überhaupt nicht. Das war eine richtig tolle Geschichte für uns! Nicht so toll war, dass uns Marco Wriedt (Gitarre) nach der Tour mitteilte, dass er aussteigen will. Der hat schön die Platte eingespielt, die Tour mitgemacht, Kohle verdient und sich dann mit seiner neuen Truppe 21 Octayne verflüchtigt. Das fanden wir sehr doof, konnten ihn dann aber noch für ein Jahr an uns binden. Es gibt ein stilles Gesetzt bei Axxis, dass besagt, wenn du auf den Bandfotos der jeweiligen Platte zu sehen bist, du die Saison mitspielen musst und nicht einfach gehen kannst. Mitten im Produkt sich aus dem Staub zu machen, geht bei uns nicht. Deswegen haben wir mit Marco aber keinen Stress, der als Typ eher ein Narzisst und kein Bandplayer ist. Keiner der für eine Truppe, sondern für sich selber arbeitet. Einer, der alles tut, dass seine und nicht die Band-Karriere vorangetrieben wird. So handelt niemand bei Axxis! Selbst Dirk Brand (Trommler) nicht, der allen Grund hätte sich so zu verhalten! Dirk, der mit Seal Konzerte spielt oder mit Christina Bach unterwegs ist. Christina, die den Song «Atemlos» schrieb oder bei der Abschiedsfeier der Olympiade in London auftrat. Dirk hat richtig fette Dinger am Start. Er denkt aber nie nur an sich, sondern sieht Axxis als Band und verhält sich als Teamplayer. Einfach, weil bei ihm noch Herzblut vorhanden ist. Das ist eine echte Hausnummer! Ich tu alles für die Band, dass ich dabei immer im Mittelpunkt stehe, tut mir leid. Dat will ich gar nicht, aber ich bin nun mal der Sänger (grinst). Da sitz ich lieber im Studio und fuchtle an meinen Songs herum und versuche die Produktion zu verbessern. Stefan Weber, der Gitarrist von Lion Twin ist der Ersatz von Marco. Den haben wir auf der letzten gemeinsamen Tour (Axxis, Lion Twin) total unterschätzt. Stefan stand im Schatten von Jan, dem Hauptgitarristen. Jan wurde auf Tour krank. Stefan trat aus dem Schatten heraus und konnte endlich zeigen, was seine Fähigkeiten sind. Wir waren echt überrascht, was dies für ein geiler Gitarrist ist.

MF: Und jetzt ein neues Album?

Bernhard: Neue Scheibe kann man nicht sagen. Aber eine neue Doppel-CD bei der die DVD zum 25 jährigen Jubiläum von Axxis im Vordergrund steht. Am 28. Dezember 2014 haben wir die Show in der Bochumer Zeche aufgenommen. Das hat sehr viel Zeit beansprucht, so dass wir sagen können, es kommt eine geile DVD in den Handel. Darauf sind sehr viele schöne Momente, mit Doro oder Victor Smolski, zu sehen. Leider hat der dichte Nebel auf der Bühne nicht zum Vorteil der Bildqualität beigetragen. Trotzdem ist es eine geile DVD geworden, die sicher nicht schlechter rüberkommt als diejenige zur 20 Jahr-Feier.

MF: Gab es eine spezielle Setliste für diese Jubiläumsfeier?

Bernhard: Klar, wir wollten natürlich auch neue Lieder einbauen, wie «Venom», «Hall Of Fame», «The War» oder «Living In A Dream». Aber auch alte Tracks, die wir ab und zu ein bisschen anders in Szene setzten. Auch bedingt durch die Gastsänger. So konnten wir mit den Frauenstimmen «Take My Hand» oder «Dance With The Dead» spielen. «Trash In Tibet» mit Victor Smolski ist sensationell geworden. Zusammen mit Marco wurde aus diesem Instrumental ein Zehn-Minuten-Song. Faszinierend was die Beiden da aus ihren Instrumenten rausholen. Und!!! Wir haben alle Fehler so gelassen, wie sie sind. André Hilgers (ehemaliger Trommler von Axxis und Rage) verspielte sich kurz. Das finde ich total sympathisch. Selber wird er dies sicher scheisse finden (lacht). Bei «Tales Of Glory Island» verpasste er seinen Einsatz. Alle schauen sich an und haben keinen Plan was gerade los ist. Ein kleiner, peinlicher Moment, der gut gemeistert wurde (lacht). So ist eine total interessante DVD entstanden, die am 9. Oktober 2015 erscheinen wird.

MF: Unter welchem Banner steht die nächste Tour?

Bernhard: «Living The Dream»! Weil die Arie einfach immer weitergeht. Dabei nehmen wir das Grundkonzept der Tour 2014 nochmals auf, mischen aber andere Songs dazu. Auch wenn Pratteln nie ausverkauft ist, es macht immer wieder Spass im Z7 aufzutreten. Letztes Wochenende spielten wir auf dem Waka Waka-Festival. Da wurde leider vergessen auf den Plakaten zu vermerken, welche Truppen auf die Bühne gehen. Mit dem Titel verbinde ich eher Sounds von Shakira (lacht). Leider kamen nur sehr wenige Besucher. Wir gaben aber Vollgas und spielten, als wären wir am «Rock Am Ring» (grinst). Das Schöne dabei war, dass die Besucher sich wohl wie am «Rock Am Ring» fühlten (grinst), da war richtig cool!

MF: Das letzte Album erschien in einer weisse und einer schwarzen Ausgabe. Hat sich dies für euch ausbezahlt, oder werdet ihr ein solches Unterfangen nie mehr machen?

Bernhard: Nie mehr kann ich nicht sagen, da das Ganze nicht anders lösbar war. Wie sollten wir sonst, mit nur einer Platte, das musikalische Spektrum von Axxis zum Bandjubiläum abdecken? Wir wollten alles ausleben und nichts komprimieren. Darum sind auf dem schwarzen Album eher die härteren, teils Doublebass lastigeren Tracks und auf dem weissen eher die melodischeren Parts zu hören. Wirtschaftlich war dies ein totaler Blödsinn. Doppelte Presskosten, doppeltes Booklet und Druckkosten, ein absoluter Irrsinn. Zum 25 Jährigen haben wir uns dies aber gegönnt (grinst).

MF: Plant ihr wieder irgendwann mit einer Sängerin zusammen zu arbeiten, oder ist dieses Thema durch?

Bernhard: Persönlich finde ich solche Dinge immer sehr erfrischend. Auch beim Songwriting fliessen dadurch neue und andere Impulse ein. Alleine durch Stefan Weber hat sich das Schreiben schon wieder verändert und es sind Dinge möglich, an die wir vorher gar nie dachten. Stefan ist ein sehr aktiver Typ, das hilft uns enorm. Eine Sängerin ist für mich gesangsmässig auch immer wieder eine Herausforderung. Ich finde das geil und liebe es, dieses «Frage-Antwort»-Spielchen auf der Bühne. Unser Ziel ist es nicht, wieder mit einer Frau zusammen zu arbeiten, das müsste sich organisch ergeben.

MF: Wo siehst du denn die Unterschiede zwischen Marco und Stefan?

Bernhard: Stefan ist kein Narzisst und arbeitet für die Band. Er stellt die Truppe und nicht sich in den Vordergrund. Mit Stefan kann ich anders reden als mit Marco. Bei Marco wusste ich nie, macht er dies, weil er uns mag, oder nur damit er bei Engl ein Deal kriegt. So war's dann schlussendlich auch, damit er seinen Vertrag bekommt und seine neue Truppe pushen kann. Damit hat er unseren Bandnamen ge- und missbraucht. Das alles hinter unseren Rücken. Das macht er noch heute! Bei mir stand nie «Bernhard Weiss von Black Sabbath» (lacht). Das gab's nicht, ich schaffte alles aus eigener Kraft (lacht).

MF: Immerhin warst du im Vorprogramm von Black Sabbath!

Bernhard: Genau! Somit haben wir die auch ausgebeutet (lacht). Das war damals eine geile Erfahrung. Einer Truppe, die man selber liebt, das Leben auf der Bühne dermassen schwer zu machen.

MF: Sind schon neue Lieder komponiert worden?

Bernhard: Ja, wir schreiben und haben glücklicherweise keinen Zeitdruck. Durch unser eigenes Label Phonotraxx und dadurch dass wir alles selber machen, verliert man aber sehr viel Zeit für diesen ganzen administrativen Kram. Alleine für die DVD gingen sechs Monate für all die Qualitätskontrollen drauf. Zum Beispiel: Falsche englische Untertitel, oder vorhandene Rechtschreibfehler, die sehr wahrscheinlich noch immer vorhanden sind (lächelt). Wir sprechen hier von einem drei Stunden Programm, da können immer wieder Fehler auftreten. Beim Menü war zu Beginn die Musik zu dünn. Keiner wusste warum. Als die Band zu spielen begann war der Sound total fett. Oder, wieso wurde beim Abspann die Musik doppelt so laut, wie beim ganzen Konzert? Das konnten wir selber nicht klären. Zudem war ein Kameramann dabei, der das Material nicht rausrücken wollte. Total bescheuert. Die ganze Produktion war «low budget». Am Abend vergassen wir nach seinen Aufnahmen zu fragen und später wollte er sie nicht mehr rausrücken. Das Interview mit Victor Smolski und auch jenes mit Hannes Braun (Kissing Dynamite) bekamen wir nicht. Das dauerte fast zwei Monate, bis wir an diese Gespräche rangekommen sind. So zog sich diese ganze Scheissproduktion immer mehr in die Länge. Leider!

MF: Welche Gäste sind auf der DVD zu sehen und zu hören?

Bernhard: Doro, Victor Smolski, Hannes Braun, André Hilgers, der schon ein Axxis-Bandmitglied war, Jeanette Scherff von Dawn Of Destiny, oder Werner Kleinhans unser alter Bassist. Das war echt toll und geil! Dann hatte Toto, der Polizisten aus dem Fernsehen seinen Auftritt, der Percussionist von den Scorpions… Das war schon keine Axxis-Show mehr, sondern eine Axxis-Revue und noch besser als vor 5 Jahren! Das war schön, dass alle gratis mitgemacht haben!

MF: Hast du denn jemals gedacht, so lange im Business zu sein?

Bernhard: Gerade vorhin habe ich mit einem Kumpel gesprochen. Hätte mir 1989 jemand erzählt, dass ich meine eigene Plattenfirma überlebe, hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Never ever! Meine Plattenfirma, die EMI Elektrola! «His masters voice»! Über Generationen haben die Platten und CDs gepresst und verkauft. Jetzt sind sie weg und mich gibt’s noch! Persönlich finde ich das gut, zugleich ist es auch schade und zeigt genau, wie sich der Markt entwickelte. Da geht alles den Bach runter. Es überleben nur ganz wenige Firmen bei denen sich die Musiker wohlfühlen, und überhaupt noch eine Vertrag unterschrieben können. Viele Mucker wollen alles im Alleingang machen, aber es fehlt ihnen am Know-how oder den finanziellen Mitteln. Axxis haben das Glück, dass wir über unsere EMI-Connection, Vertriebe kennen und Beziehungen ins Business haben. Willst du überleben, musst du dich viel mehr mit dem Geschäftskram auseinandersetzen. Hey, wir können seit 25 Jahren von der Musik leben, was auch etwas heissen und bedeuten will! Seit 2014 sogar sehr gut! Läuft eine Tour gut, macht sich dies sofort bemerkbar. Wir sind interessanterweise noch nie so hoch in den Charts eingestiegen und verkauften zugleich aber auch noch nie so wenige Platten. Das ist ein Witz! Ganz ehrlich, die nächste Studio-Scheibe veröffentlichen wir nach dem gleichen Muster wie Powerwolf und releasen in den Sommerferien. Da habe ich echt die Möglichkeit die Charts auf Platz 1 zu knacken. Keiner veröffentlicht in diesem Zeitpunkt eine Album, die Verkaufszahlen sind dermassen gering, dass selbst eine Truppe mit einer kleinen, aber loyalen Fanbasis die Möglichkeit hat auf Platz 1 einzusteigen. Das war eine geile Strategie von Powerwolf. Direkt auf Platz 1, dann kannst du gleich wieder rausfallen, aber das spielt keine Rolle (lautes Lachen).

MF: Was macht Berny wenn er nicht Musik macht?

Bernhard: Wäre das nicht eine alte Schulfreundin gewesen, hätte ich diesen Job nie angenommen. Aber, weil ich gerne mit Kindern arbeite, habe ich zugesagt. In Nordrheinwestfalen gibt es ein Programm namens JeKi. Das finde ich total geil! «Jedem Kind ein Instrument». In Nordrheinwestfalen wird das so finanziert, dass vom ersten bis ins vierte Schuljahr die Kinder umsonst eine Instrument spielen können. Dafür suchen sie händeringend Lehrer, die den Schülern Notenlesen beibringen. So stehe ich zweimal in der Woche von 11 bis 15 Uhr, Dienstag und Mittwoch bereit. Mein Opa war Lehrer und ich glaube, ich hätte dies auch werden sollen (grinst). Ich bin da voll der Entertainer (lacht). Der Supercoole, der mit seiner E-Gitarre kurz mal alle wegbläst (grinst). So stehe ich ab und zu in der Zeitung und alle Mütter werden schwach (lacht). Das ist geil! Total der Hammer (lachend).

MF: Und die Omas auch!

Bernhard (brüllendes Gelächter): Ja, die Omas auch! Ja, leider die auch (lacht noch immer)! Nebenbei erstelle ich noch kleine Homepages für mittelständische Unternehmen. Da kommen pro Jahr zwei bis drei Aufträge zusammen. Das mache ich aber nebenbei, eher so Hobby mässig. Die grafischen Dinge für Axxis rauben auch sehr viel Zeit. Urlaub… Dieses Jahr ist es das «Bang Your Head»-Festival geworden. Eigentlich wollte ich in die Ferien fahren, aber das hat nicht geklappt. Neben dem Abi meiner Tochter kamen noch viele andere Dinge dazwischen. In meiner Freizeit… Ich bin da so ein Freak und muss immer was lernen. Zudem tauche ich sehr gerne. Leider habe ich nicht allzu oft die Möglichkeit dazu. Ich hasse Fernsehen wegen diesen scheiss Werbepausen. So habe ich mir Watch Ever-TV und Amazon Prime gekauft. Da gibt's keine Werbepause und du kannst dich richtig auf eine Serie einlassen (grinst vergnügt). Jetzt habe ich mir Dexter reingezogen, das ist der Hammer und ich stehe voll auf einen solchen Scheiss (grinst). So lange dieses Abo läuft bin ich mitten in diesen Serien drin. Man entwickelt und identifiziert sich mit den Hauptfiguren. Das macht einen Riesenspass, entspannt und macht die Birne frei (lacht)!

MF: Da fehlt aber die Zeit, in der Pause das Bier zu holen!

Bernhard: Das schöne ist, du kannst auf Pause drücken (lacht), holst dir das Bier und es geht gleich weiter! Werbepausen sind der blanke Horrer! Ich bin ja mittlerweile auch schon 50 Jahre…

MF: …komm schon, höchstens 35…

Bernhard: …jaja (lacht). Das Alter macht alles viel einfacher. Früher hatte ich immer Angst auf der Bühne zu versagen. Trotz meinem noch immer vorhandenen Lampenfieber, liegt eine Routine drin, die mich beruhigt. Ich weiss, was ich kann und was nicht und schätze mich so besser ein. Selbst wenn mit der Stimme etwas schief geht, komme ich heute locker aus dieser Nummer raus. Die Erfahrung macht relaxter. Wir kennen uns ja nun auch schon Hundert Jahre und dadurch, dass dieses Netzwerk noch immer vorhanden ist, kann ich wie hier auf diesem Festival, tausend Leute treffen. Die kannten wir in unseren Anfangstagen nicht. Aus diesem Grund macht es viel mehr Spass, je älter man wird.

MF: Bist du mit 35 auch genügsamer geworden?

Bernhard: Also mit 35 bin ich total genügsam geworden (lacht). Keine Ahnung wie das mit 50 sein wird (ganz breites Grinsen). Was heisst genügsamer… Gerade vorhin sprach ich noch mit jemandem über die ganzen Drogenpartys damals im Luxor bei der Pop Komm. Das Ganze lief auf dem Klodeckel, den wir abschraubten ab. Zu guter Letzt lag das Pulver auf der Klobrille, was immer riskanter und ekliger wurde (grinst). Ganz ehrlich, ich bin da nicht sicher, ob ich nicht doch froh bin, dass diese Zeiten vorbei sind (lacht). Tja, passiert so etwas, verliert es an seinem Reitz. Früher war ich immer auf der Suche nach einer Party. Auf der Tour war dies immer Scheisse, da ich nur am Tourende als Sänger richtig Gas geben konnte. Dieser Druck, dass eine Party hermusste und es keine gab… Den Druck habe ich heute nicht mehr und seitdem sind die Partys da (lacht)! Somit ist 35 ein Hammeralter (schallendes Gelächter)!

MF: Wie war das denn damals bei euch mit «Sex, Drugs And Rock'n Roll»?

Bernhard: Das alles hatten wir und war kein Klischee. Ich meine, hey, wer will keinen Sex haben? Gerade im Rock-Geschäft. Bist du auf Tour und siehst deine Freundin lange nicht, ist dies ein Bedürfnis. Drugs waren auch ein Thema bei uns. Sitzt du jeden Abend im Tourbus, trinkst und rauchst etwas... Mein Glück war, dass ich auf diese Drogen-Geschichte nie gestanden bin. Vom Gras rauchen wurde ich immer müde. Penne ich immer ein, kriege ich die Krise!!! Aber! Alkohol ist auch eine Droge, wenn du dich jeden Abend besäufst... Klar haben wir auch mal härtere Drogen probiert. Es war gut haben wir das probiert, so wussten wir, wie es ist. Wir konnten eine ganze Nacht durchfeiern, aber irgendwann kommt dein Körper und setzt Zeichen. Feierst du drei Nächte durch, weil du Koks intus hast und brichst bei der vierten Nacht zusammen, merkst du schnell, dass das Ganze quatsch ist. Zudem ist das auch ganz schön teuer! Rock'n Roll! Klar, den hatten wir sowieso!!! Gemeinsam mit tollen Menschen auf der Bühne zu stehen ist einfach schön! Oder im Studio zu sein und daraus entwickeln sich neue Lieder. Wie der Song für die Todesopfer der Love Parade («21 Crosses»). Plötzlich spielst du dieses Lied für die Hinterbliebenen und merkst was du damit erschaffen hast. Das ist der Hammer! Diesen Effekt, den du bei den Hörern erzielen kannst... Als Metal- oder Rockband waren wir die Ersten, welche einen Song für die Opfer dieser Tragödie schrieben. Das zeichnet den Rock'n Roll aus. Er bewegt was, lenkt die Gedanken und das finde ich sehr schön.

MF: Gibt es ein Album, das du heute so nicht mehr machen würdest?

Bernhard: Ja, «Matters Of Survival» würde ich heute nicht mehr in der Form veröffentlichen. Die Demos klangen hammergeil, aber was Keith Olsen daraus produzierte war Kacke. Damals habe ich dies der Band gesagt und bekam tierischen Stress mit den anderen. Ausserdem startete gerade die ganze Grunge-Phase durch. Ansagen wie: «Nicht alles was du machst ist richtig! Der Olsen kostet viel Geld, der wird schon wissen was gut ist», verhärteten diese ganzen Umstände. Du erahnst als Künstler, dass es Scheisse wird, aber es musste erst fertig sein, damit du sagen kannst: «Seht ihr!?» Die Songs sind geil, aber es ist leider nur ein gutes Album geworden. Marco ist mit diesem Album aufgewachsen und findet die Scheibe geil! Klar darf es auch andere Meinung geben, aber die Produktion ist nicht nach meinem Geschmack. Da bevorzuge ich die der beiden letzten Alben. Fetter Sound, Dinge die in die Fresse hauen, Gas geben und Spass machen. Alle denken, dass sie locker die Lieder von Axxis nachspielen können. Die Gitarristen kacken alle ab, wenn sie bei uns vorspielen. Das sind Kleinigkeiten und du kriegst die Krise.

MF: Hat «Matters Of Survival» Axxis aus den Schienen gehoben?

Bernhard: Die EMI dachte eh schon an «Voodoo Vibes» (Nachfolgealbum): «Das ist eh das letzte Werk. Wir haben keinen Bock mehr darauf.» Mit «Matters Of Survival» erhoffte man sich weg vom alten Move zu kommen und einen neuen Schwung reinzubringen. «Schuster bleib bei deinen Leisten», war immer mein Credo. Wenn alle ihren Sound ändern, ist das doch Kacke! Kaufe ich mir einen Mercedes kannst du da keinen VW-Motor einbauen. Oder umgekehrt. Axxis sind Axxis und sollen auch wie Axxis klingen. Ich konnte mich bis zum dritten Album gegen die ganzen grossen Produzenten-Namen wehren. Hey, wir haben mit unserem Debüt «Kingdom Of The Night» 150'000 Einheiten verkauft, ohne eine berühmten Produzenten, welcher den Studiosessel flachdrückte. «Never change a winning team». Bis zu «The Big Thrill», da stand dann Joey Balin auf der Matte. Da fand ich die Produktion aber noch gut. So habe ich dem Ganzen zugestimmt, was sich dann mit dem Nachfolger «Matters Of Survival» als Fehler entpuppte. Das war Scheisse und der falsche Weg. Wir sind nicht Pearl Jam!

MF: Kommen wir zum Schluss, was sind die Pläne für die Zukunft?

Bernhard: Erstmals diese Scheiss DVD auf den Markt zu bringen (grinst) und dass das Thema endlich abgehackt ist (grinst). Da freue ich mich und bin gespannt auf die Reaktionen der Fans. Dann steht eine neue Studio-Scheibe an. Die soll was Besonderes werden. Die genaue Richtung kann ich dir noch nicht sagen, aber die beiden letzten Scheiben haben den Kurs schon mal vorgegeben. Dabei soll's auch bleiben. Will man Extreme ausloten, kann man nicht alles auf einer CD veröffentlichen. Mit zwei Scheiben ist dies viel einfacher. Aber (grinst), wir werden nur eine neue CD veröffentlichen. Da bin ich selber gespannt, wohin sich das entwickeln wird. Wie gesagt, der Love Parade Song war zu Beginn nur ein Lied, den ich okay fand, bis der Text dazukam. Mit dieser Idee dahinter wurde es ein grossen Song! Wer weiss was kommt?

MF: Ganz herzlichen Dank für dieses spontane Interview!

Bernhard: Danke dir! Wir sehen uns in Pratteln (Z7, 10. September 2015), da freue ich mich darauf! Pass auf dich auf!